Im Jahr 1810, also ein Jahr vor dem zusammen mit der unheilbar kranken Freundin Henriette Vogel verübten Selbstmord veröffentlichte der Dramatiker und Lyriker Heinrich von Kleist die essayistische Erzählung „Über das Marionettentheater in den von ihm selbst herausgegeben Berliner Abendblätter. Nachdem die Zeitschrift kurze Zeit später aufgrund finanzieller Probleme und unter hohem Druck der politischen Zensur eingestellt wurde, wurde die Erzählung in vielen Ausgaben bis in die jüngste Zeit immer wieder verlegt.
Die 1972 in Tschernowitz in der Ukraine geborene und in Stade aufgewachsene Illustratorin Hannah Jung hat sie für ihr Bachelorprojekt über den Begriff der natürlichen Grazie wieder ausgegraben und sie auf eine faszinierende Weise illustriert.
In Kleist Erzählung geht es um Fragen bleibender Aktualität: Sind Marionetten geeigneter, um natürliche Grazie in ihre Bewegungen einzubauen? Beschädigt die menschliche Reflexion diese Fähigkeit? Hat der Mensch seine Unschuld verloren und kann nie wieder die ideale Anmut erreichen?
Hanna Jung setzt den Klassiker in ihrem Bilderbuchdebüt phantasievoll in Szene und ermöglicht durch ihre Illustrationen einen neuen Blickwinkel auf das Werk.
Heinrich von Kleist, Hanna Jung, Über das Marionettentheater, Kunstanstifter Verlag 2019, ISBN 978-3-942795-77-7
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2019-02-28)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.