Im linken Eingangsbereich des Daily Planet hat – wohl ein junger Anarchist – ein Graffiti hinterlassen und der überdimensionale „Planet“ auf dem Dach rostet mehr vor sich hin, als dass er sich noch bewegen würde. Jimmy Olsen, der junge Fotograf, und Lois Lane sind die letzten Aufrechten, die die größte Tageszeitung von Metropolis noch aufrecht halten, der eine im Prekariat, da er nichts verdient, die andere angetrieben von ihrem Gerechtigkeitssinn und ihrer Neugier, aber natürlich auch einer kräftigen Portion Ehrgeiz. Dann stolpert da noch ein gewisser Clark Kent in die Redaktionsräume des Daily Planet, er ist so tollpatschig, dass er nicht nur den mitgebrachten Kaffee verschüttet, sondern auch seine Brillengläser mehrmals in Stellung bringen muss, wenn sie ihm aufgrund von Lois Lanes Kurven mehrmals verrutschen. Die Generalstochter hat es ihm nämlich vom ersten Augenblick angetan und das nicht nur aufgrund ihrer Neugier. Der „investigative Reporter“ Clark Kent schafft es aufgrund ihrer Anweisungen auch bald ins Hauptgebäude des Bösen, zu Lex Luthor, der den Daily Planet aufgrund seiner unabhängigen Berichterstattung natürlich niemals selbst zur PK eingeladen hätte. Und Schwuppdiwupp kommt durch das unbeabsichtigte Ablenkungsmanöver von Clark Kent Lois Lane in die Höhle des Löwen, von wo sie nun berichten kann, wie es ihr gefällt. Doch der vermeintlich benutzte Clark Kent, macht natürlich das Beste aus der Situation und rettet bald das erste Mal seine Lois Lane vor dem endgültigen Absturz: als Superman fliegt er ihr unter den Hintern und fängt sie auf in seinen starken stählernen Armen.
Aber die Geschichte von Superman, die hier von Geoff Johns und Gary Frank nochmals für alle jene erzählt, die sie bisher versäumt hatten, beginnt ganz am Anfang, bei der Landung des Raumschiffs im Gottesanker eines alten Ehepaares, die ihr neues Adoptivkind liebend gerne und herzlich aufnehmen, denn seine Wunderkräfte bringen bald sehr viel Aufregung in ihr bisher wenig abwechslungsreiches Leben. Eigentlich sind es ja seine Zieheltern, die aus Clark Kent zunächst Superboy und dann Superman machen, denn der verschüchterte Außenseiter fühlt sich zunächst vor allem eines: schuldig. Als er seinem Schulkameraden beim Football den Arm bricht etwa, dabei freut sich dieser ob der gewonnen Aufmerksamkeit durch die Mädchen der Schule, die nun alle seinen Gips signieren wollen. Aber Clark kann das gar nicht genießen, auch seine erste Liebe missglückt, weil er gleich so entflammt ist, dass er ein ganzes Haus mit seinem Blick entzündet. Deswegen muss er übrigens auch diese schreckliche Brille tragen, die selbstverständlich ebenso wie sein Anzug aus Teilen seines Raumschiffs gemacht wurden.
Als er endlich in der Pubertät ist, wird ihm das Hologramm seiner wirklichen Eltern vorgespielt und jetzt muss Clark endgültig sein Schicksal akzeptieren: seine Stärke ist seine Herkunft, aber gleichzeitig auch seine größte Schwäche, denn das Kryptonit, die Erde seines Heimatplaneten, kann ihm seine Superkräfte ebenso rauben, wie ihm die Atmosphäre der Erde diese gibt. Man mag darin eine tiefe philosophische Weisheit verborgen sehen: alles Glück und Unglück kommt aus dem Schoße der eigenen Familie. Erstmals erfährt man übrigens auch etwas über Supermans deutsche Erziehung. Seine Ziehmutter erzählt: „Meine Oma kam aus Deutschland nach Amerika. Sie erzählt mir alles. Von ihr kenne ich das Rezept des Apfelkuchen, den du so sehr liebst, wie dein Vater. So lernte ich meine Herkunft zu schätzen. Wir wissen nicht viel über den Ort, von dem du kommst. Aber auch wir sollten sein Erbe in Ehren halten.“ Ob auch sein wirklicher Heimatplanet, Krypton, nicht irgendwie etwas protofaschistisches hat, darüber müsste man an anderer Stelle einmal diskutieren.
Lex Luthor, der Erzfeind Supermans und ehemalige Schulkamerad Clarks, macht sich diese Schwäch e zunutze, denn Superman steht seinem ungebremsten Turbokapitalismus im Wege und natürlich will er ihn vernichten. Dazu benutzt er auch Metallo und Parasit, aber der größte Feind erwächst Clark Kent aus dem Vater seiner Angebeteten, denn der hetzt einen abgewiesenen Liebeswerber auf Superman und versucht ihn zu zermalmen. Hier stehen sich das Militär - der Vater von Lois ist General und der Verehrer Offizier – als überdimensionierte ödipale Patriarchatsfigur und Clark Kent, der tollpatschige verliebte Einfaltspinsel gegenüber, die beide die Unschuld der zu erobernden Noch-Jungfrau Lois Lane zu verteidigen angerückt sind. Aber natürlich hat diese auch ihren eigenen Kopf und am Ende weiß man nicht wirklich, ob sie eigentlich Clark oder Superman mehr liebt. Die Liebe einer Frau kann jedenfalls beides aus einem Mann machen, das ist sicher: einen Tollpatsch und einen Supermann! „Sag uns, Superman. Was sollen wir tun?“ „Ihr sollt aufhören auf einen Retter zu hoffen. Auf Lex Luthor. Auf mich.“
GEOFF JOHNS / GARY FRANK
DC PREMIUM 77: SUPERMAN - SECRET ORIGIN SC
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2012-03-18)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.