„Als sie uns aus dem Limfjord ziehen, hängen wir immer noch aneinander. Ich weiß nicht, wie lange wir im Wasser gelegen haben, schwer zu sagen, man verliert irgendwie das Zeitgefühl.“
So beginnt die siebzehnjährige Louise nach ihrem zusammen mit
ihrem Freund und Geliebten Liam begangenen Selbstmord (sie haben
sich mit Handschellen aneinander gekettet und sind ins Wasser
gesprungen) ihre Erzählung.
Eine Erzählung über eine jugendliche Liebe, wie man sie sich
absoluter nicht vorstellen kann. Als Louise, die mit ihren Eltern nahe der
Stadt Aalborg in Dänemark lebt, den zwei Jahre älteren Liam
kennenlernt, ist die Tristesse ihres Lebens vorbei. Beide sehen sich als Seelenverwandte, sie träumen von der großen Liebe, davon frei zu sein. Doch dann gerät Liam in einen dunklen Strudle aus Rache, Verrat und untilgbarer Schuld und das Glück der beiden ist dermaßen bedroht, das sie nur im gemeinsamen Suizid den Ausweg sehen.
Louises Elternsind verzweifelt, doch als ihr Vater ihr Tagebuch findet, wird ihm klar, welches Leben seine Tochter und Liam in den vergangenen Monaten geführt haben, und warum sie beide keinen Ausweg mehr sahen.
Es ist ein berührender, starker und mächtiger Roman, der unter die Haut geht. Ein Roman, der nicht nur die die Geschichte einer starken jugendlichen Liebe erzählt, sondern auch sehr einfühlsam beschreiben kann, in welche Verzweiflung und Leere die beiden Familien gestürzt werden.
Ein anspruchsvoller Roman für Jugendliche, der aber Erwachsene sofort anzusprechen vermag. Ganz große skandinavische Erzählkunst.
Sanne Munk Jensen, Wir wollten nichts. Wir wollten alles, Oetinger 2015, ISBN 978-3-7891-3920-8
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2015-06-22)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.