„Ha, rief der Mann, wer bist du, sprich! Der Kobold lacht: Ich bin dein Ich!“ Ja, bisweilen ist selbst das deutsche Ich, wie Wilhelm Busch hier wusste, komisch. Wer bisher immer noch glaubt „deutsch“ und „Humor“ seien zwei Antonymien, der hat sich getäuscht. Steffen Jacobs beweist nämlich auf fast 1000 Seiten das Gegenteil und wenn es auch nicht gleich, beim ersten Mal lesen, zum Brüllen ist, so bestimmt beim zweiten Mal: es liegt ja schließlich auch an der eigenen Humorlosigkeit, wenn man nicht gleich lachen kann, oder etwa nicht?
Der Autor organisiert den Humor anhand der Kapitel Lust und Liebe, Essen und Trinken, Ehe und Familie, Reisen und Bleiben, Geschichte und Gesellschaft, Sprache und Dichtung, Natur und Kultur, Wissen und Glaube, Leben und Sterben. Wer direkt einen Autor sucht und diesen auf seine Humorfähigkeit überprüfen will, kann natürlich auch im Index nachsehen, wo sich alle Beiträge zu den aufgezählten Themen des jeweiligen Autors noch einmal aufgelistet befinden. Außerdem gibt es noch ein Register der Gedichtanfänge und natürlich darf man auch nicht auf das Nachwort des Herausgebers verzichten, das interessante Rückschlüsse zulässt: „`Witz´ zu haben, heißt, das Lächerliche im vorgeblich Bedeutsamen erkennen zu können. Als `Witz´ bezeichnen wir außerdem die Fähigkeit, schnell und geistesgegenwärtig zu antworten, ergänzt und sekundiert von der Gabe, von den eigenen Lebensumständen und Befindlichkeiten zu abstrahieren.“ Der Autor führt zur Etymologie des Wortes noch weiter aus, dass das englische „wit“ von „joke“ deutlich zu unterscheiden sei, im Singular bedeute es Schlagfertigkeit und im Plural Verstand. Das Althochdeutsche „wizzi“ habe „Wissen, Verstand, Klugheit und Weisheit“ bedeutet, genau das also, wovon es uns heute – so der Autor – am meisten mangle.
Die meisten Gedichte folgen der Schreibweise ihres jeweiligen Autors, Rechtschreibreform hin oder her, das wäre doch gelacht. Die Wiederentdeckung einer ausgestorbenen Spezies, der „komischen Deutschen“, kann wohl gerade in solch düsteren Zeiten wie heute, so manches entspannende Lächeln wieder zurück ins Gesicht zaubern. „Und bin ich auch ein rechter Lump, / So bin ich dessen unverlegen;/ Ein frech Gemüt, ein fromm Gesicht, / Herzbruder sind ein wahrer Segen!“ (Theodor Storm) Mit vielen weiteren Beiträgen von Andersch, Arnim, Arp, Ball, Bayer, Benn, bis Wolf, Wondratschek und Zwicky. Auch der Herausgeber selbst hat übrigens ein Gedicht beigesteuert, „Über Vergeblichkeit“ heißt es, wollen wir mal hoffen, dass sein Werk insgesamt weniger vergeblich ist als seine Reime. Aber ich wollte hier jetzt nicht witzig sein, dazu fehlt es mir an Esprit... Humor ist eben, wenn man trotzdem lacht!
Die komischen Deutschen
881 Gewitzte Gedichte aus 400 Jahren