Sie hat die Figur von Marilyn, sie hat die Haare wie Marilyn, sie ist blond wie Marilyn und…sie isst französischen Käse! Aber ist es Marilyn? Die Dorfschönheit Candice Lecoeur wird von einem Fotografen fürs Fernsehen entdeckt und bald macht sich nicht nur Werbung für Käse, sondern darf auch bald die Wettervorhersage in schicken Kostümen präsentieren. Doch je höher sie steigt und je mehr sie sich in die Politik der französischen Jura-Region verstrickt, desto tiefer ihr Fall in Tabletten- und Alkoholsucht. Ihre Leiche wird am Dorffriedhof bestattet und aufgrund ihres Lebenswandels sind sich bald alle einig, dass sie Selbstmord begangen hat, bis auf einen: Rousseau.
Shot down?
Der Krimi-Autor Rousseau befindet sich zufällig auf der Durchreise durch das kleine Örtchen Mouthe, das heißt, eigentlich ist er auf der Suche nach neuen Ideen, denn die sind ihm ausgegangen. Außerdem ist sein Onkel gestorben und hat ihm seinen toten Hund als Erbschaft vermacht. In der Szene in der Rousseau dem Zuseher vorgestellt wird fährt er mit dem Auto auf der Autobahn und hört laute Rockmusik, den Song „Shot Down“ von den Sonics. Als der Empfang des Radiosenders durch einen Wald gestört wird, legt er kurzerhand den Rückwärtsgang ein und fährt zurück, bis der Klang des Liedes wieder sauber ist und die Sonics intonieren: „WAAAHHHH/I thought he was having fun,/now see what you’ve done./Can’t show my face in town/‘cause I’ve been shot down.“ Die für die Dramaturgie des Films noch sehr prophetischen Worte werde am Ende des Films noch ihre Wirkung zeigen, dann nämlich, wenn das Rätsel aufgeklärt wird und man bemerkt, dass „niederschießen“ (to shoot down) sich nicht immer nur auf Feuerwaffen beziehen muss. Die schwarze Komödie um Candice beweist, dass nicht nur Engländer einen ganz schön schwarzen Humor haben können.
„Only parts of us will ever touch parts of others“
Auf der Suche nach der Wahrheit um den Tod der schönen Candice recherchiert Rousseau dann wie Voltaire, sein Alter ego aus seinen Kriminalromanen, ganz auf eigene Faust. Doch er ist so überzeugend, dass er bald auch von einem jungen Dorfpolizisten unterstützt wird. Konspirative Treffen in der Männersauna bringen bald erschreckende Details und Parallelen zwischen Candice’s und Marilyn‘s Leben und Sterben ans Tageslicht. JFK ist für Candice JFB, der Präsident der Region, und dieser serviert sie ebenso ab, wie Marilyn von JFK abserviert wurde. Natürlich entgeht dem aufmerksamen Beobachter dabei nicht, dass sich hinter dieser scheinbar so harmlosen Komödie politischer Sprengstoff verbirgt, denn die Rückschlüsse zwischen Fiktion (Candice) und Realität (Marilyn) lassen zumindest vermuten, wie es sich tatsächlich abgespielt haben könnte. Das tatsächlich geniale Konzept des Regisseurs besticht vor allem durch seine Leichtigkeit, denn wer in dem Film nur eine Komödie sehen will, der wird sich wirklich treffend amüsieren. Alle diejenigen die in dem Film mehr sehen wollen, werden sich an „Bye Bye Berlusconi“ von Jan Henrik Stahlberg. erinnert sehen, der ebenfalls mit der Trickkiste des „Films im Film“ spielt.
„Only parts of us will ever touch parts of others“, heißt es im Nachspann Marilyn zitierend, aber tatsächlich berührt diese Komödie unter Garantie wirklich jeden Zuseher. Ein gelungener witziger Film mit unbestechlich cooler Atmosphäre und einem wirklich geilen Soundtrack (The Eremitage Girls, Sophie Quinton, Safia Zerouki, Xenia, Ava, Jose Feliciano, Kim Wilde, Ed Ake, Postmarks).
Gérald Hustache-Mathieu (Regie)
Who Killed Marilyn?
DVD 102 min
Koch Entertainment
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2012-11-24)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.