Anne Holt, In Staub und Asche, Piper Verlag 2018, ISBN 978-3-492-05697-7
Der neue Roman von Anne Holt „In Staub und Asche“ schließt direkt an den 2017 auf Deutsch erschienen Roman „Ein kalter Fall“ an, mit dem Holt ihre berühmte, nach einem Unfall im Rollstuhl sitzende Ermittlerin Hanne Wilhelmsen zurück brachte und soll nach Angaben von Insidern die Serie mit dem 10 Band beenden, auch wenn das Ende des Romans das seltsam offen lässt.
Es geht in diesem Buch um einen Mord, der möglicherweis ein Selbstmord gewesen ist und einen Selbstmord, der vermutlich ein Mord war. Es sind zwei inoffizielle Fälle, die dem ungewöhnlichen Ermittlerteam Hanne Wilhelmsen und Hendrik Holme da begegnen. Hanne glaubt einfach nicht an den Selbstmord der rechtradikalen Iselin Havorn, die sie selbst im letzten Band überführt hatte und Hendrik ist geradezu besessen davon, die Unschuld von Jonas Abrahamsen zu beweisen, der nie darüber hinweggekommen ist, seine kleine Tochter bei einem tragischen Unfall verloren zu haben und für einen Mord an seiner Frau zu 12 Jahren Haft verurteilt worden zu sein , den er nie begangen hat.
Mit großer Hartnäckigkeit und Leidenschaft arbeiten die beiden Ermittler an diesen Fällen, abseits offizieller Aufträge und auch abseits der herkömmlichen Regeln, die Hanne nicht mehr so wichtig sind. Der Roman ist spannend und durch die Beschäftigung mit den Ideen rechtsradikaler Gruppen hochpolitisch.
Haben die beiden „Fälle“ etwas gemeinsam? Mit ihrer aus früheren Fällen bekannten Intuition findet Hanne die Schnittstelle, an der sich der Knoten löst und der verborgene Zusammenhang beider Todesfälle sichtbar wird. Und auch Hendrik erweist sich trotz seiner vielen Tics (Tourette?) wieder als schüchterner aber sehr begabter Ermittler, der unter Einsatz seines eigenen ein Leben retten wird.
In beiden Fällen spielt das Buch Hiob aus dem Alten Testament eine Rolle, dem auch der Titel des tiefgründigen Kriminalromans entnommen ist: „Darum spreche ich mich schuldig und tue Buße in Staub und Asche“, sagt Hiob, nachdem er unvorstellbares Leid durch Gott erfahren musste. Hanne Wilhelmsen sagt dazu nur: „Shit happens“, während Holme Hiobs Fragen näher gehen. Ich glaube, dass hier Anne Holt eine sie wohl schon lange beschäftigende Frage eruiert und eine Antwort darauf für unmöglich erklärt. Man kann Leid und Unglück nicht erklären und für Gut und Böse auch nicht immer eine Ursache finden. Man muss sich damit abfinden. Gutem folgen nicht immer Belohnung und Böses wird zu oft nicht bestraft.
Für beide Figuren Holts ist es schade, dass sie sie offenbar nun in der literarischen Versenkung verschwinden lassen will.
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2018-10-30)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.