Die in London lebende Fotografin hat schon mehrere Fotobücher über den „Wilden Westen“ veröffentlicht, darunter auch Dead Eagle Trail über die Cowboys im 21. Jahrhundert. Die Fotografien sind zumeist in dunkles, körniges Licht getaucht und zeigen die Frauen an ihrem Arbeitsplatz. Am Ende des Buches befinden sich auch Biographien der fotografierten Prostituierten, die Auskünfte über ihre Arbeit geben und wie sie dort gelandet sind. Etwa Hazel aus Hawaii, die auf der sog. Mustang Ranch arbeitet, wo siebzig Prozent der Männer, die sie besuchen, sogar nett seien. Bei ihr zu Hause müsse man zu solchen Männern nicht freundlich sein, auf der Mustang Ranch sei das anders. Hier wird die Zeit nicht mit der Ejakulation verrechnet, sondern damit, wann der Kunde genug hat.
„Wer die Liebe einfach haben will, will eigentlich gar keine Liebe“, so Reno in Rachel Kushners Roman „Flammenwerfer“, der zwischen New York, Nevada und Italien spielt und eben dort die Protagonistin und passionierte Motorradfahrerin die Bezeichnung „Mustang Ranch“ entdecken lässt, die auch in vorliegendem Fotobuch eine gewisse Rolle spielt. Die meisten der Puffs in Nevada haben nämlich den Zusatz „Ranch“, die Namen sind so poetisch wie flach, etwa Moonlite Bunny, Kit Kat, Chicken oder einfach Love Ranch. Vom Elend des Daseins erzählt etwa auch Strawberry von der Angel`s Ladies Ranch, die im Alter von 57 Jahren immer noch im horizontalen Gewerbe arbeitet. Drogen, Alkohol und Prostitution charakterisierten schon ihre Kindheit, aber wirklich gemein seien jene Menschen, die die Gesellschaft als gute Beispiele hinstelle: „Menschen, die in die Kirche gehen und Erfolg in der Welt haben“. Denn genau solche Männer gehören zu ihren Kunden.
Nach „Dead Eagle Trail. Amerikas Cowboys des 21. Jahrhunderts“ veröffentlicht Jane Hilton „Precious. Porträts von Frauen in Bordellen Nevadas“. Die englische Fotografin entdeckte Madam Kitty's Cathouse zuerst im US-Bundesstaat Nevada. Im Jahre 2000 wurde sie von der BBC eigens beauftragt, Dokumentarfilme in diesem und benachbarten Bordellen zu drehen. Nachdem sie drei Jahre gefilmt hatte, beschloss Jane 2012, diese und andere Bordelle erneut zu besuchen, nur diesmal mit ihrer Plattenkamera. Prostitution ist in Nevada einer der ältesten legalisierten Berufe, aber natürlich ist sie deswegen noch lange nicht gesellschaftsfähig. „Precious“ zeigt Nacktporträts der Prostituierten und erzählt ihre Geschichten. Das intime Verhältnis, das sich beim länger dauernden Fotografieren mit einer Plattenkamera entwickelte, brachte die Frauen sehr nahe und so wurde das Porträt für viele Frauen sogar zu einem kathartischen Erlebnis.
Jane Hilton
Precious.
Porträts von Frauen in Bordellen Nevadas
Till Schaap Edition
Illustriert von Jane Hilton; Übersetzt von Jan Michalski
Fester Einband
128 Seiten
ISBN: 978-3-03828-092-7
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2015-07-01)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.