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Howard Hawks - Rio Bravo
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Hawks, Howard:
Rio Bravo

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(Bücher frei Haus)

A rocket chair
„Besides, I have a rocket chair… it`s more comfortable“, sagt Feathers (Angie Dickinson) zum Sheriff John T. Chance (John Wayne), als sie ihn in ihr Zimmer zur Übernachtung einlädt, damit die ihn belagernden Banditen ihn nicht in seinem Zimmer heimlich überraschen könnten. Die beiden wohnen nämlich Tür an Tür im selben Hotel und man trifft sich gerne an der Hotelbar auf einen Drink. Das „T.“ steht übrigens für „trouble“. Viele gesalzene Dialoge verspricht auch schon der „Theatrical“ Trailer von Rio Bravo, der dieser Edition von DeAgostini beigefügt ist: So frägt Feathers Chance - hinter der Bar stehend mit kokettem Augenaufschlag und charmantem Grinsen: „Ich wette Sie sind müde und wollen nur mehr ein warmes Bett.“ Chance antwortet: „Alles was ich will, ist ein Drink“. „Ah, dann ist das alles, was ich für Sie tun kann?“ Das Tolle an dieser DVD-Ausgabe von DeAgostini sind aber nicht nur der Beipacktext und die Sammlermöglichkeiten in einem dicken DVD-Ordner, sondern auch die Tatsache, dass man sich den Film gleich in drei Sprachen anschauen kann: im Amerikanischen Original, auf Deutsch oder sogar auf Spanisch. Natürlich empfiehlt sich das Original, hier lassen sich notfalls ja auch die Untertitel einblenden. An einer anderen pikanten Stelle heißt es denn auch:„No, thank you, I`ll do my own shaving“. Die von Feathers beim Dude vollzogene Rasur kostet diesen dann aber beinahe das Leben, nämlich als er von Stumpy beim Betreten der Polizeistation angeschossen wird, weil dieser ihn – nach der Rasur – nicht mehr erkennt. Wer viel redet, hat eben auch viel Angst, das gibt auch Chance seinen Getreuen zu verstehen und schlichtet damit den Streit. Aber das ist nur eine von vielen humorvollen Einlagen dieses Westerns der Extraklasse.

My rifle, my pony and me
Neben dem lasziven Geplänkel der weiblichen und männlichen Hauptprotagonisten Feathers und Chance bietet „Rio Bravo“ noch viele weitere Höhepunkte und zwar nicht nur solche für hartgesottene Westernfans, das zeigt auch schon der Trailer, wenn Colorado (Ricky Nelson) nach einem Duett mit Duke (Dean Martin) ankündigt, dass diese eine der wenigen „peaceful scenes“ im Film gewesen sei. Die beiden singen „My rifle, my pony and me“ und Colorado gebärdet sich wie ein junger Elvis, wenn er seine Schmalzlocke wirft und sich dabei auf die Lippen beißt. Ein echter Hör- und Sehgenuss, selbstverständlich humorvoll und charmant präsentiert. Diese Szene wäre bei Fred Zinnemanns „High Noon“ mit Gary Cooper - Rio Bravo wird oft als Gegenentwurf dazu dargestellt - sicherlich unmöglich gewesen, aber was soll man auch anderes tun, wenn man schon zwei Sänger an Bord hat? Der Song „Restless Kid“ wurde übrigens von keinem Geringeren als Johnny Cash für Ricky Nelson geschrieben. In den lyrics heißt es u.a.: „None of your business where I've been/Don't ask me what I've done/Run your ranch and punch your cows/And stay behind my gun, man/Colorado's right hand/Will put you on the run…“. Tatsächlich sagt Colorado (Ricky Nelson) im Film: „There`s something else I can do very well: mind my own business.“ Er schlägt damit die Einladung von Chance, ihnen gegen die Gangster zu helfen, vorerst aus.

„An old man a barfly and a cripple“ +1
„Joe, you`re under arrest“, sind die ersten gesprochenen Worte nach ein paar Schlägereien, Schießereien und Singereien im Prolog. Dean Martin, der einen Alkoholiker im Entzug spielt (Dude), hilft Chance bei der Verhaftung des Mörders, Joe. Doch dieser ist der Bruder des mächtigen Nathan Burdette: this means trouble. Als eine Siedlerkolonne durch die texanische Kleinstadt P. (in Realität: Old Tucson/Arizona) kommt, wird auch ihr Leiter, Pat Wheeler, in die Probleme der Kleinstadt hineingezogen und muss dies schließlich mit dem Tod bezahlen. Dadurch kommt jetzt doch auch Colorado (Ricky Nelson) ins Spiel und so bekommen die Drei „the old man, the cripple and the barfly“ unverhoffte Verstärkung im Kampf gegen die Halsabschneider von Mr. Burdette. Denn im Sheriff-Hauptquartier hält Stumpy (Walter Brennan) die Stellung, der ist zwar alt und hinkt, aber er schießt scharf. Und natürlich kommt auch noch eine Frau ins Spiel, Feathers. Sie wird nicht nur zur unfreiwilligen Verbündeten der vier Sheriffs, sondern geizt auch nicht mit ihren Reizen, denn sie hat es auf Chance abgesehen. Zuerst will dieser jedoch nichts von ihr wissen, denn schon einmal blieb eine Wagenkolonne in der Stadt stehen, eine Frau stieg aus und zerstörte das Leben eines Mannes. Seither wird er nur mehr el borachón genannt, was auf Spanisch Säufer heißt. Aber wie stellt er sich so schön Herrn Wheeler vor: „Wenn dieser Name für sie zu kompliziert ist, nennen Sie mich einfach Dude, the Dude.“

“The Dude, Colorado und Chance“: Nationalismus im Western
Eigentlich trinken ja alle pausenlos Alkohol, wie anfangs schon beschrieben, selbst der Sheriff John T. Chance, mit Vorliebe natürlich, wenn die Drinks von Feathers gemixt werden. Außer dem Dude natürlich, der sitzt immer wieder vor einem vollen Glas und versucht, sich dem Teufel zu entsagen. Aber dieser Teufel ist sehr mächtig. Dean Martin - der nicht nur für den legendären Ausspruch „Du bist nicht betrunken, solange du noch am Boden liegen kannst, ohne dich festzuhalten“ bekannt ist – soll die Rolle des Dude völlig nüchtern gespielt haben. Wahrscheinlich sind die Szenen des Entzugs auch deswegen so überzeugend gelungen, möchte man anmerken. „Rio Bravo“ glänzt aber nicht nur durch Witz und Humor, sondern auch als mögliches Turngerät für Interpretationen amerikanischen Nationalgefühls. Besonders augenscheinlich wird diese Komponente des Films, als besagter Dude nach einem Streit wieder vor einer vollen Flasche Whiskey sitzt und sich frustriert und deprimiert über sein eigenes Versagen ein Glas einschenkt. Als in diesem Moment die Mariachis wieder den von Burdette verlangten Song „Deguello“ spielen, wirkt dies auf den Dude wie ein Weckruf. Um diese Situation richtig einzuschätzen muss man aber die Geschichte dieses Liedes kennen, die auch im Film kurz angedeutet wird: Deguello bedeutet „enthaupten“ und war ein Schlachtruf der mexikanischen Armee den Feinden keinen Pardon mehr zu geben, bis zum Tod zu kämpfen. Das Hornsignal maurischen Ursprungs wurde auch 1836 beim Kampf um Alamo in Texas von der mexikanischen Armee eingesetzt. Nachdem Rio Bravo auch in Texas spielt, ist die politische Referenz an „Alamo“ - seit jeher ein Begriff in der nationalen Geschichtsschreibung der USA – offensichtlich und damit ein Kontext zwischen Alkoholismus und Antipatriotismus hergestellt. Darauf trinken wir aber noch einen!

Revolverheld ohne Waffenschein, Soldat ohne Militärdienst
Weiters bemerkenswert ist in dieser Hinsicht auch, dass der Sheriff den spanischen Hotelbesitzer Carlos beschützt, immerhin ist Texas ein Land, in dem Immigranten vom Gesetz geachtet werden, welche Idylle. Andererseits fungiert gerade dieser Carlos auch als Botschafter zu Burdette und er wird dargestellt als jemand, der es allen recht machen möchte, besonders seiner Frau, für die er auf Chance`s Adresse sogar eine rote Unterhose (!) bestellt. „Rio Bravo“ hat eben auch sehr viel Humor, das zeichnet diesen Film von Howard Hawks sicherlich - unter vielen anderen seines Genres - ganz besonders aus. Trotz der umstrittenen politischen Ansichten des als Marion Robert Morrison geborenen John Wayne was die Indianer- und Sklavenfrage und Vietnam betrifft, kommt Chance als Sympathieträger gut rüber. Der raubeinige, gefühlsuntaugliche, etwas klotzige Schweiger ist besonnen, wenn es um seine Arbeit geht und sehr pflichtbewusst. Kritiker werfen dem Menschen John Wayne vor, dass er es nur deswegen in Hollywood geschafft hätte aufzusteigen, weil viele seiner Kollegen ihren Kriegsdienst versehen hätten, er hingegen – derProtagonist von Kriegsfilmen schlechthin – nicht einmal seinen Militärdienst absolvieren habe müssen. Der Mann der in 142 seiner 153 stets eine Hauptrolle spielte, starb schließlich an Krebs, so wie viele andere Darsteller des Filmes „Der Eroberer“ (1956) auch. Der Film für den Wayne den zweifelhaften Golden Turkey Award „größte Fehlbesetzung aller Zeiten“ erhielt, wurde in der Nähe eines Atombombenversuchsgeländes in Utah gedreht: Wayne spielte darin Dschingis Khan.

Die große John Wayne Collection von DeAgostini
(15 DVDs) Teil 1: Howard Hawks „Rio Bravo“ (mit John Wayne, Dean Martin und Angie Dickinson), 1959, http://www.deagostini.de

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2012-08-08)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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