„Men were having the experience of never having been so close to other men“, beschreibt Allan Bérubé seine Weltkriegserfahrungen in „Coming Out Under Fire“ und auch dieser Titel gibt eine klare Marschrichtung vor, worum es hier geht. Das Kapitel Homosexualität im Krieg wurde bisher wohl noch nicht aufgearbeitet, aber die vorliegende Publikation macht einen ersten Schritt in diese Richtung, einem noch unentdeckten Kontinent in dem der Slogan „Make Love not War“ wohl zu „Make Love in War“ paraphrasiert werden könnte.
Liebe im Krieg
Fotos von Armeecamps auf der ganzen Welt zeigen nackte Männer in Fülle aber ohne Hülle(n) und darunter auch viele lachende Gesichter, denen es Spaß macht zu zeigen, dass auch das Einseifen Freude machen kann, solange man sich nicht dabei bückt. Da es an der Front zumeist gar keine Frauen gab und die Männer zumeist völlig unter sich waren, gab es wohl auch kein Schamgefühl mehr und auch weil Kondome ohnehin Mangelware waren, blieben selbst die Puffbesuche von einem gewissen martialischen Todessegen nicht verschont. Geschlechtskrankheiten waren damals sehr weit verbreitet, aber was kümmerte es die Jungs, wenn sie am nächsten Tag ohnehin fallen würden. In Iwo Jima waren es 7000 Männer pro Tag, was sollte also der Geiz?
Schon wieder eine Fuck-your-Buddy-Week
„Als ich 1945 vom Militär heimkam“, erzählt Scotty Bowers, „hatte sich mein Verhältnis zu anderen Männern verändert. Vor dem Krieg hatte ich nie was Schwereres als eine Kaninchenflinte in der Hand gehabt, war nie weit weg von zu Hause und immer allein unterwegs gewesen. Aber das Militär hat aus Jungs, die normalerweise Einzelgänger geblieben wären, dicke Kumpels gemacht, das hielt oft fürs ganze Leben.“ Von den sog. „Schützenloch-Buddys“ gibt es in der Heterowelt aber eigentlich sogar noch viel mehr, meint Scotty als Nachsatz. Er erklärt auch die oft scherzhaft gebrauchte Formel „Fuck-your-Buddy-Week“, die nicht wirklich bedeutete, schwul zu sein, denn damals war das gegenseitige Abrubbeln auch nicht unbedingt ein Zeichen von Homosexualität gewesen, sondern eher von Unverkrampftheit. „Das ist wie mit kleinen Jungs, die sich einen runterholen, um zu sehen wer am weitesten spritzen kann.“
Hundertpro Hetero
„Überzeugt, getötet zu werden, wo immer uns die Schiffe am nächsten Tag hinschaffen würden, beschloss ich, ich sollte mich wenigstens auf ein Experiment mit einem potenziellen Jimmie einlassen. So riss ich zum ersten Mal jemanden auf. Einen von der Handelsmarine. Er war hocherfreut. Ich sah seinen Ehering, aber mindestens die Hälfte von denen, die in dieser Bar auf der Pirsch waren, gehörte beispielhaft zu Dr. Kinseys damals noch unbekannter Skala von 1 bis 6“, zitiert Dian Hanson den bekannten amerikanischen Schriftsteller Gore Vidal mit seinen Palimpsest-Memoiren. Das Zitat wie die restlichen Texte des Buches sind dreisprachig, die Bilder und Fotos in Schwarz/Weiß, zumeist mit schönen Rahmen versehen.
Dian Hanson
My Buddy. World War II Laid Bare.
Introduction by Scotty Bowers
Deutsch/Englisch/Französisch
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2015-03-10)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.