Dieses Buch der in Hamburg lebenden Autorin Katharina Hagena ist eines der schönsten, die ich im vergangenen Herbst gelesen habe. Sie erzählt darin die Geschichte von Iris, eine jungen Frau, die sich nach dem Tod ihrer Großmutter Bertha damit konfrontiert sieht, dass diese ihr das Haus vererbt hat, in dem sie lange lebte und das Iris aus ihrer Kindheit sehr gut kennt.
Eigentlich will sie nur ein paar Tage von ihren Job als Bibliothekarin im Süddeutschen wegbleiben, um dort im Norddeutschen die erblasserischen Angelegenheiten zu klären. Doch als sie beginnt, durch die Zimmer des großmütterlichen Hauses zu streifen und insbesondere durch den mittlerweile verwilderten Garten, da beginnt sie sich zu erinnern.
Und Katharina Hagena setzt sie mit einer wunderbaren und poetischen Sprache voller Hinter- und Tiefsinn nicht nur auf die Spur in die eigene Kindheit, sondern auch in die Geschichte ihrer Verwandtschaft:
"Und ich stellte fest, dass nicht nur das Vergessen eine Form des Erinnerns war, sondern auch das Erinnern eine Form des Vergessens."
Diese Seelenarbeit ihrer Protagonistin, an der die Autorin ihre Leser teilhaben lässt, hat etwas Heilendes. Sie schließt ab und öffnet zugleich Neues, auch im Leben von Iris, die bei ihrem Aufenthalt im Ort der Kindheit dem jungen Anwalt, der die Erbsache bearbeitet, näher kommt, und mit ihm eine Geschichte beginnt, die sie nie für möglich gehalten hätte ...
Ein schönes Buch, das nicht umsonst bis zum heutigen Tag neunzehn (!) Auflagen erlebt hat. Ich warte gespannt auf das nächste Buch dieser Autorin, die mich mit ihrem Buch so berührt hat.
Katharina Hagena, Der Geschmack von Apfelkernen, Kiepenheuer & Witsch 2008, ISBN 978-3-462-03970-2
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2013-07-29)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.