„Das Herz erfreuen, in Freude jubeln, an Gutem teilnehmen, eine Lotusblüte an der Nase und Myrrhe als Salbe auf dem Scheitel“, steht auf einem Felsbild im Grab des Wesirs Rechmire. „Genieße den Tag während die Frau deines Herzens bei dir sitzt.“ Tatsächlich wussten schon die Ägypter, was wirklich wichtig ist im Leben, wie man aus obigem Zitat schließen könnte. Natürlich traf dieses Leben nur für einige wenige zu, denn Akrobatinnen und Tänzerinnen kamen wohl nicht so gut davon. Festgelage wurden abgehalten, Bordelle gab es auch schon, aber auch ein hölzernes Bild von einer Leiche wurde bei diesen Symposien herumgereicht unter dem stand: „Den schau an und trink und sei fröhlich! Wenn du tot bist, wirst du, was er ist!“
Glaube, Liebe und Hoffnung im alten Ägypten
Dabei stammt der Glaube an ein Leben nach dem Tode und eine Wiedergeburt im Jenseits, also einer Auferstehung wie wir sie auch aus dem Christentum kennen, eigentlich auch von den Ägyptern ab. „Ich werde nicht zerfallen, mein Leib wird nicht von den Würmern gefressen...er ist von Dauer, er wird nicht vernichtet in diesem Land der Ewigkeit“, eine weitere Grabinschrift, die den Glauben an das Jenseits bestärke sollte wurde von Archäologen entziffert, nachdem der Stein von Rosette 1799 gefunden worden war. Bier aus Getreide (kein Hopfen), dick mit Brot als Grundnahrung und Wein für die höhere Gesellschaft, die gottgleichen Pharaonen und Hohepriester. Süß wie Honig soll er gewesen sein und bei Festgelagen wurden neben Bier und Fleisch auch 35 verschiedene Brot und Kuchenarten, Taubenragout, gekochte Wachteln, Getreidebrei Nieren, Rippen, Fisch, Brot, Obst und Käse gereicht.
Unter Horusaugen und in Kanopenkrügen
Der griechische Historiker Herodot schrieb 450 vor Christus über das wohl wichtigste Ritual der Ägypter, das Balsamieren: das Gehirn wird mit Haken durch Nasenlöcher herausgezogen und dann weggeschmissen. Die Eingeweide aus der Seite genommen, mit Palmwein durchspült, Magen mit Myrrhe gefüllt und zugenäht, dann der Korpus 70 Tage in Natronlauge eingelegt. Während Balsamierung sprachen Priester Sprüche und Rituale, auch beim Wickeln. Horusaugen als Amulette (bis zu 87) wurden hinzugefügt. Der Bauch mit Pflanzen oder Sägespänen gefüllt, gemischt mit Pfefferkörnern, Wachholderbeeren und Zwiebeln (sollten böse Kräfte fernhalten). Aber auch Zedernöl wurde in den After gespritzt, das die Eingeweide zersetzte. 52 Tage,16 Tage dauerte das Wickeln, da es bis zu 375 Quadratmeter Leinen waren, die die Mumien in ein sattes rot oder blasses rosa kleideten. Die Eingeweide wurden übrigens nicht etwa weggeschmissen, sondern in Leinen eingewickelt und in sog. Kanopenkrüge (cans) gesteckt und mit harzigem Salböl übergossen, verschlossen und für die Ewigkeit konserviert. Das Hirn kam in den Müll, aber das Herz - als Sitz von Geist, Verstand und Gefühl - in mumifizierten Körper zurückgelegt. Es diente als Beistand vor Gericht in der „Halle der vollständigen Gerechtigkeit“und wurde dort auf die Waage von Anubis und Schreibergott Thoth gelegt. Das Herz auf einer Seite, auf der anderen eine Feder, Symbol der Gerechtigkeitsgöttin Maat, die die göttliche Ordnung verkörperte. Der Leichnam sollte durch das magische Mundöffnungsritual wieder Macht über seine Sinne erlangen und Speisenopfer zu sich nehmen kann. Die Lebenden vergnügten sich mit einem Leichenschmaus aus gegrilten Ochsen. Auch ein Totenfest wie Allerseelen kannten die Ägypter schon: alljährliches Festen am Grab des Verstorbenen. „Oh ihr, die ihr auf Erden lebt und vorbeikommt an dieser Stele, ...wenn ihr das Leben liebt und den Tod hasst, sprecht: möge er tausend Brote erhalten und tausend Krüge voll Bier!“
Eine Ausstellung vom 16. November 2014 - 30. Juli 2017 widmet sich im Reiss-Engelhorn Museum Weltkulturen in Mannheim Ägypten, dem Land der Unsterblichkeit.
Rose-Marie/Rainer Hagen
Ägypten. Menschen, Götter, Pharaonen
Hardcover, 23,8 x 31,6 cm, 296 Seiten
ISBN 978-3-8365-2051-5
Ausgabe: Deutsch, andere vorhanden
[*] Diese Rezension schrieb: jürgen Weber (2016-09-18)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.