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Christof Habres - Wiener Barbuch
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Habres, Christof:
Wiener Barbuch

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(Bücher frei Haus)

Die Grenze zwischen dem Ausschenker und dem Ausgeschenkten nennt sich gemeinhin „Bar“, was auf Deutsch so viel bedeutete wie „Balken“, und ist wohl nicht nur zur Sicherheit der Gastgeber eingezogen worden, die sich gegen allzu zudringliche Cowboys sonst wohl kaum zur Wehr hätten setzen können. Der „Balken“ erfüllt nicht nur eine Funktion für die Inhaber des Alkohols, sondern auch für die, die ihn konsumieren wollen: als Grenze zwischen dem Sollwert und dem Maximalwert einer durchschnittlichen Trinkernatur ist er eben vor allem auch eine Sicherheit für den Konsumenten selbst. Wer zu viel trinkt – oder es sich anmerken lässt - fliegt raus auf die Straße, das lässt sich nicht nur in Westernfilmen immer wieder beobachten, wenn ein zahlungsunwilliger oder betrunkener Gast klassisch durch die Saloontüren hochkant und unsanft in die Gosse befördert wird. Auch heute noch findet man in Bars diese einsamen Cowboys, denn auch in der Moderne wurde die Bar zu einem Zufluchtsort für einsame Männer, richtige Männer, wie es der Protagonist in „A Good Heart“ so trefflich ausdrückt und gleichzeitig auch verkörpert: Eine Bar sei für maximal 13 männliche Personen geeignet, schimpft Jacques (Brian Cox), „siehe Jesus und seine Jünger“ und eben nicht für Frauen.

„Al-Kuhal“ sei eigentlich Arabisch und bedeute „das Allerfeinste“, schreibt der Herausgeber in seinem Vorwort zum Wiener Barbuch, und habe nicht nur in der griechischen Sagenwelt so manchen aus seiner Bredouille gerettet. Auch der oben angesprochene Jesus verwandelte nämlich Wasser in Wein und rettete so eine an und für sich fade Hochzeit vor dem frühzeitigen Ende, was ihn natürlich noch lange nicht zum Barkeeper machte. Eigentlich sorgte ja das Römische Imperium durch sein Straßennetz für die Globalisierung des italienischen Kulturgutes in Tavernen und Herbergen. Der Wein und später auch die Cervesia, das Bier, verteilten sich schon bald über den Erdball und sorgten auch an den tristesten Enden der Welt für ordentliche Saufgelage, die einen nach einem langen durchrittenen Tag im Sattel selig in der nächtlichen Ruhe eines Barhockers an der Theke einschlummern ließen. Einige Jahrhunderte später hieß es dann „On the cock`s-tail!“ und das Zuprosten auf den gewonnen Hahnenkampf wurde bald zu einer ganz eigenen Kategorie von Mischgetränken, deren Rezepte sich natürlich auch im Wiener Barbuch finden, allerdings ohne Hahnenfeder. Der Erste Weltkrieg und die Prohibition sollten den Siegeszug dieser zutiefst amerikanischen Erfindung, der Bar, aber keinesfalls aufhalten können, ganz im Gegenteil. In der Illegalität, den Speakeasys im Big Apple und Chicago, erblühte ein ganzes Gewerbe, das für reichlich steuerfreie Arbeitsplätze sorgte und so vielleicht sogar die Wirtschaftskrise von 1929 mitverursachte.

Spätestens seit dem Zweiten Weltkrieg fand man die „American Bars“ aber nicht mehr nur in amerikanischen Hotels in Europa, sondern als eigene „Versorgungsstationen“ der Durstigen auf belebten Geschäftsstraßen und in sog. „In“-Vierteln. Dass ausgerechnet zwei gebürtige Österreicher die Jagd auf die „Mobsters“ so erfolgreich (4.932 Verhaftungen) leiteten, zeigt die Verbundenheit der alten mitteleuropäischen Hauptstadt mit der Welt. Izzy Einstein und Moe Smith, denen nicht nur ein filmisches Denkmal gesetzt wurde, waren selbstverständlich auch selbst keine Kostverächter und ein Foto von 1935 zeigt die beiden beim munteren Zuprosten. Die Wiener Bars, die sich dafür besonders gut eignen, werden in dem hier vorliegenden Barbuch ebenso vorgestellt, wie Interieurs und Rezepte der berühmtesten Wiener Etablissements für den kultivierten Alkoholgenuss, nur vom Allerfeinsten natürlich! Und auch mit einem weit verbreiteten Vorurteil wird aufgeräumt: „Die Bar steht für eine freie Wildbahn in einer Metropole, wo plötzlich aus einsamen Wölfen anschmiegsame Lämmer werden und amouröse Abenteuer passieren können – ohne viel an das Morgen zu denken.“ Und wenn sich keine Frau dafür findet, dann gibt es ja immer noch „den guten alten Freund Harvey“…

Christof Habres
Wiener Barbuch
Metroverlag 2010

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2011-03-23)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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