Es ist biologisch erwiesen, dass jede/r von uns homosexuelle Neigungen hat, aber wohl kaum jemand, traut sich dazu zu stehen oder wird auf so viel Verständnis bei seinen Eltern stoßen wie der 17-jährige Elio Perlman (Timothée Chalamet). Er verbringt den Sommer (von 1983) mit seinen Eltern in Italien und als ein Freund der Familie, Oliver (Armie Hammer), sie in einem wunderschönen Landhaus besucht, entwickelt sich eine amour fou zwischen den beiden unterschiedlichen Männern. „Call me by your name“ erinnert stimmungsmäßig an „Swimming Pool“ (R: Jacques Deray, 1969), auch wenn gar kein Swimming Pool eine Rolle spielt, aber das filmische Setting, Landhaus am Stadtrand und die gedämpften Dialoge sowie die poetische Filmarbeit rufen Erinnerungen wach.
Ratgeber für verirrte Seelen
In so einer Umgebung kann man natürlich nicht viel falsch machen, auch die Dialoge beschäftigen sich mit charmanten Dingen, wie etwa der Herkunft des Wortes albicocca (Aprikose). Während der Vater von Elio glaubt, es habe vom Arabischen her den Einzug ins Italienische gefunden, weist der um viele Jahre jüngere Oliver auf beeindruckende Weise nach, dass das Wort eigentlich doch aus dem Griechischen stammt und über das Lateinische ins Arabische und dann erst wieder ins Italienische gekommen sei. Eine griechische Statue wird (ohne Arm) aus dem Meer geborgen und auch beruflich beschäftigen sich die beiden älteren Männer gerne mit schönen Körpern. Sie sind wohl beide Archäologen und bereiten ihr nächstes Projekt vor, während der junge Elio sich mit einem Mädchen aus dem Dorf vergnügt. Er hört gerne seine Kassetten auf einem alten Sony-Walkman und schläft mit der Dorfschönen im Dachboden, doch auch das kann ihm seine Liebe zu Oliver nicht ersetzen. Bis es dann wirklich zu einer Annäherung der beiden jungen Männer kommt und alles ganz anders wird. Oder doch nicht?
Ratgeber für verirrte Seelen
Im Film werden verschiedene Sprachen benutzt, Deutsch, Italienisch, Französisch, Englisch, die umliegende Landschaft wird bei einer Fahrradtour entdeckt, ein Teich, ermöglicht einen ersten zaghaften Kuss. Die Zerstörung eines Pfirsichs spielt eine ebenso tragische wie bedeutende Rolle in diesem Coming-of-Age Film, der in wunderschönen Bildern eine Sommerliebe zwischen zwei Männern porträtiert.
Luca Guadagnino drehte auch schon „A Bigger Splash“ und „I Am Love“. „Call me by your name“ wurde nach einem Drehbuch von James Ivory, basierend auf einem Roman von André Aciman gedreht.
Luca Guadagnino
Call me by your name
2018, FSK 12, 133 Minuten
ASIN: B076QKK9J3
Sony/Webershandwick
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2018-07-25)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.