Dieser Roman der 1961 geborenen Kanadierin Frances Greenslade ist eines der schönsten Bücher, die ich in diesem Jahr gelesen habe. Ein Buch „wie ein pochendes Herz“, wie eine kanadische Zeitung schrieb, bewegend, anrührend und mit einer wunderbaren und poetischen Sprache verfasst.
Der Roman erzählt über einen Zeitraum von mehreren Jahren die Geschichte der beiden Schwestern Margarete(Maggie) und Jenny Dillon. Sie leben mit ihren Eltern in der Wildnis Kanadas. Der Vater arbeitet als Holzfäller, die Mutter ist mit den beiden Töchtern zu Hause. Es ist eine einfache Familie in einfachen Verhältnissen, aber sie sind glücklich und unternehmen viel miteinander. Sie haben feste und liebevolle Bindungen.
Doch schon zu dieser Zeit liegen, für die beiden Mädchen noch nicht spürbar, dunkle Schatten über dem Glück der Familie. Doch irgendwann fängt vor allem Maggie – sie wird in der Familie die „Sorgenmacherin“ genannt – an, sich insbesondere um ihren Vater Sorgen zu machen, der sich mehr und mehr zurückzieht und immer weniger spricht.
Und dann geschieht das Unglück: der plötzliche Unfalltod des Vaters reißt die Familie auseinander. Denn die Mutter zieht in eine andere Stadt, um dort Geld zu verdienen und gibt die beiden Mädchen zu Pflegeeltern. Das sei nur für eine kurze Zeit, sagt sie, doch die Zeit vergeht, und die Mutter reduziert ihre Kontakte zu ihren Kindern bald gegen Null.
Die Kinder müssen dieses Schicksal verarbeiten. Binnen kurzem haben sie sowohl ihren Vater als auch ihre Mutter verloren. Gebannt und bewegt verfolgt man als Leser die Geschichte dieser Mädchen, vor allem der Natur liebenden Maggie.
Sie macht sich, Jahre später, auf eine Reise in die Vergangenheit, sucht ihre Wurzeln und will ihre tiefe Traurigkeit verstehen lernen, die ihr ganzes Leben überschattet.
Es ist ein trauriges Buch, doch es wirkt wie „ein pochendes Herz“, es vermittelt Wärme. Es ist ein Buch über die Sehnsucht nach der eigenen Geschichte. Ein Buch, das Mut macht, auch die eigenen unentdeckten Quellen und Wurzeln zu entdecken. Ein Buch, das seinen Lesern nicht unverändert zurücklässt.
Frances Greenslade, Der Duft des Regens, Mare Verlag 2012, ISBN 978-3-86648-176-3
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2013-07-02)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.