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Alexander Gorkow - Die Kinder hören Pink Floyd. Roman.
Buchinformation

Der Autor und Journalist Alexander Gorkow (geboren 1966) hat die 70er-Jahre, die Zeit seiner Kindheit, noch in bester Erinnerung: Eine Vorstadt. Das Westdeutschland der letzten Baulücken, der verstockten Altnazis, der gepflegten Gärten. Der knapp 10-jährigen Junge wächst an der Seite seiner Schwester, das Kind Nr. 1 der Familie, auf. Sie ist herzkrank und sehr lebenshungrig und hört gerne Pink Floyd.

Eine Kindheit in den 7oern

“Sssch! Der Papa schaut die Nachrichten.“ Der junge Bruder stottert dafür. Aber er ist deswegen keineswegs blöd, sondern bringt mit seinem scharfsinnigen Humor auch das Elternhaus zum Lachen. Etwa wenn er den Schilderungen seiner Zeugung lauscht und sie mit eigenen Gedanken kommentiert und ein Loblied auf die „rätselhaften Dinge“ im Leben singt. Aber die „Katzenmusik“ Pink Floyd wird auch von seinem Vater gehört, der eigentlich Jazz-Fan ist und behauptet die englische Band würde auch vom Jazz kommen. Gemeinsam mit seiner Schwester schaut er dann in den Himmel und sieht die Pyramide des Albums The Dark Side of the Moon plötzlich am Firmament erstrahlen. Das funktioniert wirklich. Man kennt es heute auch aus dem Internet: wer lange auf eine verwirrende Fläche schaut, beginnt Muster zu erkennen und diese lassen sich auch in den Orbit transferieren. Ein Spiel mit den Augen. Für besseres Sehen. Das gelingt dem kleinen Alexander auch ganz ohne Drogen von denen es in der Kleinstadt, in der er aufwächst, noch nicht so viele gibt. Natürlich geht es auch um andere Alben der Band, etwa das mit der Kuh. Vor allem aber sind Pink Floyd ein Fluchtpunkt für den tristen bundesrepublikanischen Alltag während des Kalten Krieges.

Pyramiden am Himmel, Fschssst auf der Erde

Alexander Gorkow streut auch andere Referenzen in seinem Roman, etwa Julio Iglesias oder die Nacht der reitenden Leichen und sogar Heino, der, wie ihm seine Schwester erklärt, eigentlich einer der Anführer der barbarischen Horden ist, die Deutschland einst in ihre Geiselhaft nahmen: „Sie haben endloses Leid über die Welt gebracht, nun laufen sie wieder frei herum“. „Fschssst“ lautet das Lieblingsschimpfwort seiner Schwester, das er in diesem Zusammenhang immer wieder hört. Vielleicht war Dark Side of the Moon einfach nur eine „Verarbeitung der Mondlandung von Armstrong und Aldrin“, wie Gorkow schreibt. So wie „Die Kinder hören Pink Floyd. Roman“ eine Verarbeitung des Verlusts der Schwester ist, der leider allzu schnell abbricht. Denn man hätte gerne noch mehr gelesen und diesen durchwegs ironischen Sicker-Humor weiter in sein Hirn dribbeln lassen, so viel Vergnügen hat die vorliegende Persiflage auf die 68er gemacht. Aber egal: Wir werden uns wiedersehen auf der dunklen Seite des Mondes.

Alexander Gorkow
Die Kinder hören Pink Floyd. Roman.
Hardcover, 2021, 192 Seiten
ISBN: 978-3-462-05298-5
Kiepenheuer und Witsch
20€

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2021-03-09)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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