Über Vesna Goldsworthys erste auf Deutsch erschienenes Buch „Heimweh nach Nirgendwo“ (2005) schirbe ch damalks begeistert in einer Rezension:
„Vesna Goldsworthys Buch ist ein bewegendes Zeugnis aus dem Herzen von Europa, ein trauriges Epos über den Verlust einer Kultur, die für die Betroffenen eben doch mehr war als ein liberal-kommunistischer Überwachungsstaat, ein Land, das auch Heimat war und ihr Wurzeln schenkte, die im neuen Land nur mühsam wieder wachsen können.
Wie schön wäre es, wenn diese wunderbare Schriftstellerin weiterleben könnte und uns noch weitere Bücher mit dieser wunderbaren Sprachmacht schenken könnte!“
Leider fanden ihre beiden nächsten Bücher offenbar keinen Verleger im deutschsprachigen Raum. „Inventing Ruritania“ blieb bisher leider ebenso unübersetzt wie ihr Gedichtband „The Angel of Salonika“ (2011). Wenn man die bisher spärliche Kritikerreaktion auf ihr neues Buch berücksichtigt, stehen die Chancen wohl auch sehr schlecht, dass in absehbarer Zeit sich daran etwas ändert.
Dabei ist der Roman „Gorsky“, der 2015 in England erschienen ist und nun bei Deuticke in der Übersetzung von Henriette Heise vorliegt, wieder voller Eleganz und sprachlicher Anmut verfasst. Inspiriert unter anderem von F. Scott Fitzgeralds „The Great Gatsby“ und voller Verehrung für die russische Literatur erzählt sie eine Geschichte, die beiden viel verdankt.
Es geht um Roman Gorsky, einen russischen Oligarchen, der so reich ist, dass er selbst nicht genau weiß, wieviel Geld er hat. Er besitzt unter anderem mitten in London ein großes und repräsentatives Anwesen. Er lässt es auf eine Weise renovieren und umbauen, die jegliche Vorstellungskraft sprengt und alles, was London diesbezüglich bisher erlebt, übersteigt.
Das Zentrum dieses Anwesens, um das sich alles andere dreht und anordnet, ist eine riesige Bibliothek, die alexandrinische Ausmaße annehmen soll. Er beauftragt den Buchhändler und Ich-Erzähler des Roman Nikola mit der Zusammenstellung der Bibliothek. Gorsky will mit diesem Werk voller bibliophilen Raritäten, bei dem ihn Nikola fachkundig unterstützen soll, eine von ihm verehrte und angebetete Frau namens Natalia aus Russland beeindrucken und von seiner Liebe zu ihr überzeugen.
Nikola ist in den neunziger Jahren vor dem Krieg aus Serbien geflohen und der Auftrag, den er erhält, fasziniert ihn, weil nicht nur er, sondern auch der Leser mit einer Fülle ganz besonderer und wertvoller Literatur, oft in Erstausgaben in Verbindung kommt. Doch die Welt des Oligarchen, mit der er dadurch in Kontakt kommt, stößt ihn auch ab.
Vesna Goldsworthy hat in „Gorsky“ eine spannende und hintergründige Geschichte erzählt über einen reichen und einsamen Mann und seine Welt. Einen Mann, dem sein ganzes Geld nichts nutzt und das ihn nicht glücklich macht und der Erfüllung seiner großen Liebe regelrecht im Weg steht.
Ich habe das Buch gerne und mit großer Begeisterung über die Sprachkunst der Autorin gelesen.
Vesna Goldsworthy, Gorsky, Deuticke 2016, ISBN 978-.3-.552-06310-5
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2016-04-22)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.