Der amerikanische Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Daniel Goldhaber machte erstmals 2018 durch "Cam", einen psychologischen Horror film der in der Welt der Webcam Pornographie spielt, auf sich aufmerksam. 2022 realisierte er - basierend auf einem Buch des schwedischen Politaktivisten Andreas Malm "How to Blow Up a Pipeline", ein Film, der sich durchaus als Manifest der neuen Klimaaktivist:innengeneration etablieren könnte.
Manifest einer Generation
Xochitl, der Anführer einer Gruppe von Umweltaktivisten an, will in Texas eine Ölpipeline an zwei Schlüsselstellen hochgehen lassen. Damit wollen die jungen Aktivist:innen nicht nur den Ölfluss unterbrechen und damit den Ölpreis in die Höhe treiben, sondern ein Fanal setzen. Die Aktion ist nichts anderes als Sabotage und es muss natürlich grundsätzlich die Frage gestellt werden, wem - außer der Gewissensberuhigung der Aktivist:innen - so eine Sache etwas bringt. Denn sobald so gefährliche Dinge wie Sprengstoff im Spiel sind, stellt sich natürlich auch die Frage, ob nicht auch Unschuldige davon betroffen sein könnten. Kein politisches Anliegen rechtfertigt den Tod Unschuldiger, das hat schon Albert Camus in einem seiner Dramen ("Die Gerechten") eindrucksvoll beschrieben. Auch ist natürlich Gewalt an und für sich zu verurteilen, sowohl im privaten als auch politischen Diskurs. Die acht jungen Amerikaner planen und recherchieren, wie man eine Fassbombe baut - und riskieren bei der Aktion nicht nur ihr eigenes Leben. Aber trotz all dieser Einschränkungen kann man sich natürlich eine klammheimliche Mescalero-Genugtuung nicht verkneifen. Denn dass es - einmal - auch die Mächtigen und Reichen trifft und ihre Profite zumindest kurzfristig in den Keller rasseln, befriedigt als Film in jedem Fall. Als politisches Manifest ist Schadenfreude dann aber doch zu armselig, appelliert es doch an die niedrigen Instinkte des Menschen und kann so nicht als Verbesserungsvorschlag gelten.
Klimakatastrophe: Der Heiße Krieg
Regisseur Daniel Goldhaber hat Andreas Malms radikales Manifest HOW TO BLOW UP A PIPELINE in jedem Fall in einen raffinierten, unterhaltsamen und zeitgemäßen Öko-Thriller verwandelt, der auch die Aktivist:innen von ihrer menschlichen Seite zeigt. Denn natürlich haben sie nur die besten Absichten, auch wenn der Zweck niemals die Mittel heiligt. Goldhabers Film zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie aus einem paramilitärischen Abenteuer ein realer Thriller wird. Denn Ton, Tempo und Aufbau des Filmes erinnern an Klassiker des Spannungskinos - wie etwa Quentin Tarantinos RESERVOIR DOGS, Michael Manns THIEF und William Friedkins ATEMLOS VOR ANGST, so die Kritiker einhellig. Ob der Film auch als "Blitzableiter für die wachsende Wut eines klimabewussten Publikums" taugt, wird sich noch weisen. Wer sich durch den Titel an "Dr. Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb" erinnert fühlt, das Meisterwerk von Kubrick aus dem Jahre 1964, liegt nicht ganz falsch. Denn die Kalter-Krieg-Satire erfüllte damals wohl eine ähnliche Rolle wie "How to Blow Up A Pipeline" - als Heißer Krieg - erfüllen könnte: Eine kalte Dusche für Faulenzer. Alles in allem also eine Aufforderung, sich zu engagieren und etwas anderes zu machen, als eine Pipeline hochgehen zu lassen. Aber wirkliche politische Arbeit ist natürlich vielfach aufwendiger und eintöniger als eine solch plakative Aktion. Dennoch: es lohnt sich.
Daniel Goldhaber
How to Blow Up A Pipeline
Mit Ariela Barer, Forrest Goodluck, Kristine Froseth, Lukas Gage
2020, DVD, Thriller, Altersfreigabe 16, ca. 98 Minuten
Sprachen: Deutsch, Englisch
PLAION PICTURES
13,99 €
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2023-09-10)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.