Das 119. Studiolied aus dem Album „Beggars Banquet“ der Rolling Stones nimmt nicht nur Bezug auf eines der Werke der russischen Literatur („Meister und Margerita“ von Bulgakow, bitte sehen Sie die Rezension dazu auf unserer Seite), sondern ist auch in die Filmkunst eingegangen. Kein Geringerer als das französische Regie enfant terrible Jean-Luc Godard hat die Probeaufnahmen zu „Sympathy for the Devil“ minutiös dokumentiert und damit nicht nur die Band in den cineastischen Himmel emporgehoben. Denn damals war Film noch eher etwas für Hochkultur-Anhänger und nicht so sehr für ausgeflippte Freaks wie die Fans der Stones welche waren. Godard hob die Stones also hinauf, nicht umgekehrt und machte sie so salonfähig, endlich wurden lange Haare wieder "trés chic".
“Pleased to meet you, hope you guess my name…“
Die Stones erfinden also quasi vor laufender Kamera einer ihrer berühmtesten und besten Songs und Regie führt dabei das erwachsene enfant terrible aus Frankreich, Jean-Luc Godard. Zitate aus Romanen oder politischen Pamphleten werden über die Aufnahmen drübergelesen, gleich mehrere Kalaschnikows werden weitergereicht, unter einer Art Manhattan Bridge in Paris, immer wieder störender Flugzeuglärm oder irritierendes Pfeifen wenn die Black Panthers ihre Parolen exklamieren, Huldigung an die weiße Frau, Godess, Love, Nation, Unity, Black United Front, Ozeandampfer, „We are so dehumanized, that we cannot even say that we hate you for what you have done to us.“, sagt einer der Schwarzen Panther nachdenklich in die Kamera.
“But what’s puzzling you, is the nature of my game…“
Verschiedene Kapitel wie „Sight&Sound“, die Boogie Woogie Version von Sympathy, dann wieder ein Kapitel „All about Eve“ im Wald, Interview mit Anne Wiazemsky als „Eve Democracy“-Allegorie über Malcolm X, Black Panther, Vogelgezwitscher, Yes/No Suggestionsfragen. „Drugs are a spiritual form of gambling, it opens you to your own consciousness, revelation. All covered by coloured television.(…) There’s only one way to give up being a revolutionary intellectual, that is: giving up being an intellectual.“ Bill Wyman, Brian Jones oder Keith Richards beim Machoposen, immer wieder Mick Jagger, der einem das kalte Schaudern über den Rücken jagt, wenn er die ersten Zeilen des Songs anstimmt. Godard hat nicht nur die Entstehungsgeschichte eines Songs eingefangen, sondern auch die Atmosphäre einer Zeit, in der alles im Aufbruch war. Alles schien möglich und auch wenn die politische Propaganda einem heute mehr als Phrasendrescherei vorkommt, war es damals doch mehr als revolutionär, das zu zeigen, was dieser Film tut. Eine außergewöhnliche Dokumentation über eine ganz besondere Zeit. Nicht nur für Stones-Fans und Cineasten ein absolutes Muss.
Jean-Luc Godard
One Plus One
Bonusmaterial : Trailer, Alternative Schnittfassung "Eins plus Eins", Dokumentation "Voices", Bildergalerie mit seltenem Werbematerial
Mit Mick Jagger, Brian Jones, Keith Richards, Bill Wyman, Charlie Watts u.a.
Großbritannien, 1968, ca. 97min
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2015-12-14)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.