Eine wahre Begebenheit, die sich 2011 in Braunschweig abspielte, als ein Unbekannter immer wieder Geldspenden an Bedürftige schickte, nimmt Daniel Glattauer zum Aufhänger für seinen neuen, überaus unterhaltsamen Roman.
Er siedelt ihn in Wien an, wo der 43- jährige Journalist Gerold Plassek, genannt Geri, bei einem kostenlosen Werbeblatt eine eher traurige und perspektivlose Arbeit tut. In der letzten Zeit hat er sein Leben, das sich auch vorher nicht gerade durch Höhepunkte auszeichnete, aus dem Griff verloren. Sein Hauptziel ist es, den Tag irgendwie herumzubekommen, den er meist sehr spät am Vormittag beginnt, nachdem er seinen Rausch ausgeschlafen hat, den er sich abends und nachts mit seinen Kumpeln in Zoltans Bar angetrunken hat.
Er hat einen 14- jährigen Sohn namens Manuel, für den er während des Auslandsaufenthaltes seiner Mutter sorgen muss. Manuel weiß nicht, dass Geri sein Vater ist, doch der gibt sich richtig Mühe mit ihm, wenn Manuel nachmittags in Geris Büro kommt, um dort seine Schulaufgaben zu machen.
Eines Tages schreibt Geri eine kurze Zeitungsnotiz, in der er von einer überfüllten Obdachlosenunterkunft berichtet. Kurze Zeit später trifft dort ein Umschlag ein. Inhalt: 10.000 Euro in bar und genau jener Kurzartikel von Geri.
Der Chef der Gratiszeitung wittert Morgenluft für sein schwächelndes Blatt, und schon bald wiederholt sich das Ganze, als ein weiterer Artikel erscheint.
Bald schon ist Geri mit weit besseren Konditionen bei dem renommierten Blatt „Neustadt“ beschäftigt. Manuel, der Geri fast täglich dessen hohen Alkoholkonsum vorwirft, erweist sich bei den weiteren, nun im neuen Blatt sehr viel ausführlichen Artikeln über verschiedene notleidende Projekte als große Hilfe. Zusammen gehen sie auf Recherche, und Geri braucht die umfangreichen Notizen Manuels nur in ein lesbares Zeitungsdeutsch zu ändern.
Immer wieder spendet der anonyme Wohltäter 10.000 Euro und schon bald taucht die Frage auf, wer sich denn dahinter verberge. Es wird gemutmaßt, die Zeitung selbst stecke dahinter um ihre Auflage zu steigern.
Während Geri sein Leben und auch seine Suchtabhängigkeit immer besser in der Griff bekommt, auch zur Freude von Manuel, machen sich die beiden neben der Produktion weiterer Artikel auch auf die Suche nach der Identität des Spenders. Die wird am Ende auf eine für den Leser doch sehr überraschende Weise angedeutet, nachdem er die 330 Seiten des Romans mit großer Begeisterung gelesen hat.
„Geschenkt“ ist nicht nur ein unterhaltsames Buch, sondern auch der literarische Versuch, mit viel Zeilenwitz und Humor eine Vater-Sohn-Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte, in der es geht um die Übernahme von Verantwortung für sich selbst und andere, um die Dialektik von Geben und Nehmen und um die Freundschaft.
Daniel Glattauer, Geschenkt, Deuticke 2014, ISBN 978-3-552-06257-3
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2014-09-17)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.