Der von dem sowjetischen Regisseur 1964 begonnene Film wurde erst nach der Milleniumswende von seinem Sohn und seiner Frau fertiggestellt. Die Umstände der Diktatur, die Niederschlagung des Aufstandes in der Tschechoslowakei 1968, der Ausfall eines Atomkraftwerks, aber auch die gesundheitliche Verfassung des Regisseurs mögen dabei eine tragende Rolle gespielt haben. Zuvor hatte German schon sechs Spielfilme abgedreht, aber an seinem Opus Magnum sollte er beinahe zugrunde gehen, wie gut, wenn es da nahestehende Verwandte gibt, die sich um die Vollendung des eigenen Werkes bemühen.
Eschatologie im Mittelalter
Der Film, der bereits kurz nach der Veröffentlichung der Romanvorlage der Strugatzki-Brüder - die auch die literarische Vorlage zu Tarkovskis STALKER geliefert hatten - in Angriff genommen wurde, ist genremäßig einer Art historischer Science-Fiction zuzuordnen, denn die Handlung spielt einerseits in der Zukunft der Erde, andererseits im Mittelalter eines anderen Planeten Arkanar der verzweifelt seine Renaissance erwartet. Allein von diesen wenigen Sätzen her wird man schon verstehen, dass die Romanvorlage auch als eine Art Parabel auf die damaligen sowjetischen Verhältnisse gemünzt gewesen sein wird. Denn auch 47 Jahre nach der Oktoberrevolution befand sich der Arbeiter- und Bauernstaat noch lange nicht im irdischen Paradies, der von seinen Ideologen als Kommunismus beschrieben wurde. Die Stadientheorie des Marxismus besagte ja, dass nach dem Feudalismus der Kapitalismus unweigerlich zum Sozialismus und danach zum Kommunismus führen würde. So viel zur Eschatologie der Theoretiker.
Geschichte ist machbar
Im Film ist der Planet Arkanar noch im tiefsten Mittelalter – also dem Feudalismus – versunken und soll durch die Wissenschaftler, die von der Erde zu ihm gesandt werden, eigentlich nur beobachtet werden. Doch als dann alle fortschrittlichen Kräfte des Planeten – Historiker, Gelehrte, Universitätsbedienstete – nahezu ausgerottet werden, beschließt einer der irdischen Beobachter das Rad der Geschichte noch einmal herumzureißen und Arkanar doch noch in die Renaissance – ein Zeitalter der Kultur und des Fortschritts – zu befördern. Der von der Erde entsandte Wissenschaftler, der sich als Adeliger Don Rumata ausgibt, versucht dem Schicksal zu trotzen und vielleicht mag man in seiner Figur Wladimir Iljitsch Uljanow erkennen, der ja auch versuchte aus einem quasi mittelalterlichen Land das Paradies des Kommunismus zu zaubern.
Cinematographie auf höchstem Niveau
Das in der Tradition der russischen Regisseure Andrej Tarkowski oder Sergej Paradschanow stehende Werk ist einerseits ein Menetekel für die politischen Zensur von Filmen in der Sowjet, andererseits aber auch ein Fanal dafür, dass es dennoch möglich war Filme ohne jede kommerzielle Aussicht zu vollenden, die im Westen unmöglich eine Chance gehabt hätten. „Es ist schon erstaunlich, wie uns die Kunst des Filmemachens langsam abhanden kommt, ohne dass wir es überhaupt bemerken. Sieht man sich z.B. die Szene des weinenden Kaidanovski aus Stalker an, erkennt man sofort, wie großartig sie inszeniert wurde. Weder zeitgenössische russische noch amerikanische Filme können dieses Niveau erreichen. Film ist inzwischen nur noch etwas für Leute, die zu faul sind, das Buch zu lesen, und deshalb werden ihnen die Inhalte dieser Bücher von Schauspielern vorgesagt. Film ist eine heilige Kunst. Sie wird gerade von faulen Leuten mit leeren Augen an sich gerissen, die sich ihre Augen auch noch die ganze Zeit dabei zuhalten. Das größte Problem ist aber, dass kluge Zuschauer immer seltener geworden und immer schwerer zu finden sind.“, so der Regisseur Aleksei German über einen Film Tarkovskijs und das Kino der Zukunft. Gut trifft es auch der Romanautor und Kulturphilosoph Umberto Eco über die Filme Germans: „Im Vergleich zu Germans Obsessionen wirken die Filme Quentin Tarantinos zweifellos wie Märchenfilme von Walt Disney.“
„Es ist schwer, ein Gott zu sein“ ist nicht derselbe Film wie „Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein“ der bereits 1989 von Peter Fleischmann verfilmt wurde, bitte dies nicht zu verwechseln. Weitere Infos: http://www.schwergottzusein.de/
Alexej Germann
Es ist schwer, ein Gott zu sein
Drehbuch: Arkadiy Strugatskiy, Boris Strugatskiy
Kamera: Yuri Klimenko, Vladimir Ilin
Mit Yuriy Tsurilo, Leonid Yarmolnik, Ilya Ilinyh, Dmitriy Vladimirov, Laura Lauri
Originaltitel: Trudno byt bogom
DVD 1964/2015, Bildstörung, 177 Min,
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2015-09-25)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.