Diese Erzählung von Georges-Arthur Goldschmidt geht unter die Haut. Sie ist so dicht und existentiell, dass einem stellenweise der Atem stockt. Es ist eine Erzählung über die Suche nach den Eigenen und der Frage nach der eigenen Heimat.
Eine schwierige Frage für einen, der mit zehn Jahre als Jude aus Nazideutschland vertrieben wird und dort in einem Internat in den Savoyer Alpen Unterschlupf findet. Es ist ein Internat, wo die körperliche Züchtigung und die seelische Qual der Kinder an der Tagesordnung sind.
Und weil der junge Arthur Kellerlicht, das Alter Ego des Autors, sich seinen eigenen Lebens unwürdig fühlt (warum ist er gerettet und die vielen anderen nicht?), hält er es für vollkommen in Ordnung, dass er immer wieder bestraft wird – auch für das Lesen von Büchern und vor allem für das sexuelle Entdecken des eigenen Körpers.
Der erwachsene Arthur Kellerlicht schreibt diese Geschichte, in der er an den Ort seiner Jugend zurückkehrt. Doch er muss erkennen: „Sein Land war es nicht mehr, es war zu spät.“
Auch die Menschen seiner Familie scheren ihn aus. Er gehört nicht mehr dazu: „Diesen Menschen, die nie voneinander getrennt gewesen waren, konnte er nichts erzählen, sie wussten bestimmt nichts von dem die Brust von innen zerfressenden Heimweh.“
Indem er schreibt, sich alles von der Seele schreibt, erfindet sich der Autor sozusagen selbst, er entwirft sein eigenes Ich, ein Ich, das durch die Bedrohung der Auslöschung jeden Augenblick in Frage gestellt ist.
Ein bewegendes literarisches Zeugnis eines Überlebenden.
Georges-Arthur Goldschmidt, Ein Wiederkommen, S. Fischer 2012, ISBN 978-3-10-027825-8
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2013-04-30)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.