Wer Bücher, besonders alte Bücher liebt, wer mit Freude und Begeisterung Umberto Ecos „Der Name der Rose“ gelesen oder seine Verfilmung gesehen hat, der wird auch an diesem neuen Roman von Marjana Gaponenko seine ungetrübte Freude haben. „Einen Bibliothekarsroman“ nennt sie ihre Geschichte des einäugigen Ernest Herz, der ziemlich erschöpft und seines exzessiven Liebeslebens überdrüssig ins Kloster geht. Im Stift W. hat er nach dem rätselhaften Selbstmord seines Vorgängers die Stelle des Bibliotheksleiters angenommen. Für Ernest Herz, der Bücher, besonders aber alte Bücher liebt, die Aufgabe seines Lebens.
Sein Vorgänger, Pater Mrozek, hat auf eine sehr kuriose Art seinem Leben ein Ende gesetzt, und weil Herz dessen Wohnung bezieht, verfolgt ihn des Paters Geschichte auf Schritt und Tritt.
Schon bald stößt der aufgeklärte Herz mit seinen Vorstellungen von einer zeitgemäßen Bibliothek auf den Widerstand der konservativen klerikalen Bewohnerschaft und auch der Leitung des Klosters. Immer mehr Zweifel ergeben sich Herz an dem Selbstmord des Vorgängers und als sein Radiogerät, das er ins Kloster mitgebracht hat, nur noch „Radio Gabriel“ empfängt, beginnt sich Herz auf eine spannende und unterhaltsam zu lesende Suche zu machen. Er will wissen, was im Kloster los ist, zumal der Fund eines mittelalterlichen Bestsellers mit dem Titel “Dialogus Miraculorum“, dessen Einband fehlt, seine detektivische Neugier geweckt hat. Warum hat sich Pater Mrozek umgebracht? Wer oder was hat ihn dazu getrieben?
Als Herz im Dorf den schönen Kellner der Gastwirtschaft „Zum Lamm“ trifft, hat er sofort das Gefühl, dieser junge Mann könnte ihm weiterhelfen. Aber was hat dieser für ein Geheimnis?
Mit ihrem neuen Roman hat Marjana Gaponenko die Welt der Bibliothek und die Kultur eines alten Klosters zum Thema eines spannenden Romans gemacht, der mit Gespür für Komik liebevoll erzählt ist, und einen selten so erlebten literarischen Blick für die schrägen und skurrilen Details offenbart.
Ich habe dieses Buch mit Freude gelesen. Gute Unterhaltung ist das auf hohem sprachlichem Niveau. Die Autorin geht virtuos mit der Sprache um und man spürt ihre regelrecht sinnliche Freude an Wörtern, die ansteckend ist.
Marjana Gaponenko, Der Dorfgescheite. Ein Bibliothekarsroman, C.H. Beck 2018, ISBN 978-3-406-72627-9
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2019-01-22)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.