Die 15-jährige Pearl, Ich-Erzählerin des hier vorliegenden überzeugenden Romandebüts der Engländerin Clare Furniss lebt ein glückliches, zufriedenes, typisches Teenagerleben. Eines Tages gerät es total aus den Fugen. Die Welt bleibt für sie stehen. Als Ihre Mutter bei der Geburt ihrer Halbschwester Rose stirbt, bricht eine Welt für sie zusammen, Dabei hatte sie sich doch so sehr auf ihre Schwester gefreut. Nun aber hat sie nur noch Gefühle des Hasses und der Wut auf das kleine Lebewesen, das sie bis kurz vor dem Ende des Buches nur „die Ratte“ nennt. Das Baby hat ihr die Mutter gestohlen, so sieht sie das. Ihren bisher so geliebten Stiefvater wirft sie vor, ebenso viel Schuld am Tod der Mutter zu tragen, denn er hätte sie sozusagen zu der Schwangerschaft gedrängt. Pearl fühlt sich von der Welt verraten und um Stich gelassen und fährt auch die Beziehung zu ihrer engen Freundin Molly herunter. Die gibt sich alle Mühe, aber nicht nur sie, sondern auch alle anderen Menschen kommen an die trauernde und verbitterte Pearl nicht mehr heran. Zu tief sind ihr Schmerz und ihre Trauer. Sie kapselt sich ab.
Der einzige Zuflucht- und Rückzugsort, den sie findet, sind Begegnungen und Gespräche mit ihrer toten Mutter, die sie in ihrer Phantasie führt. Die sind wie eine nachgeholte Auseinandersetzung des pubertierenden Mädchens mit seiner Mutter, von der sich verlassen glaubt.
Als eines Tages im Garten des Nachbarhauses ein Junge auftaucht, dem sie gegen ihren bewussten Willen danach immer wieder begegnet und als ihre bisher so verhasste Großmutter, die in Schottland lebenden Mutter des Stiefvaters ins Haus kommt, um sich um das aus dem Krankenhaus entlassene Baby zu kümmern, das kommt wieder Bewegung ins Leben der verzweifelten Pearl. Aber es wird lange dauern, fast ein Jahr, bis sie wieder klar sehen kann und auch die tote Mutter nicht mehr zu kommen braucht….
Ein berührendes Jugendbuch, durchaus auch für Erwachsene geeignet, insbesondere, wenn sie lernen wollen, sich in die Gefühlswelt von Jugendlichen hineinzuversetzen.
Clare Furniss, Das Jahr, nachdem die Welt stehenblieb, Hanser 2014, ISBN 978 3-446-24626-3
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2014-11-15)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.