David Fuchs, der selbst als Onkologe arbeitet, hat seinen preisgekrönten und wirklich beachtlichen Debütroman als bewegende Geschichte zweier Männer auf eine Krebsstation in einer Klinik verlegt. Dort arbeitet sein Ich-Erzähler Benjamin als angehender Arzt.
Völlig überraschend begegnet er dort eines Tages dem todgeweihten Ambros, der, den Körper schon voller Metastasen, seine letzten Wochen im Krankenhaus verbringt, zwischen Chemo- und Schmerztherapie. Ambros war vor langer Zeit die große Jugendliebe des homosexuellen Benjamin.
Vorsichtig und zart, ohne Sentimentalität und Kitsch, aufrichtig und voller Empathie erzählt David Fuchs von einer vorsichtigen Wiederbegegnung und Annäherung der beiden Männer, die sich im Angesichts des Todes so nahe kommen wie nie zuvor.
Mitten im hektischen Krankenhausalltag kommen sich die beiden Männer und ihre Seelen einander näher. Benjamin erinnert sich an gemeinsam Erlebtes und erzählt viele Anekdoten aus den neunziger Jahren, als sie ein Paar waren.
Lange aus den Augen verloren, finden sie sich wieder und es wird beiden auf eine bewegende Weise bewusst, dass es genau diese Momente dort am Krankenbett sind, die ihnen beiden bleiben werden, bei Benjamin für sein ganzes Leben und bei Ambros über seinen Tod hinaus.
Auf eine fast schon spirituell zu nennende Weise schließt David Fuchs in der Schilderdung der Wiederbegegnung dieser beiden Männer im Angesicht des Todes die Schönheit und Leichtigkeit des Lebens auf.
Das Buch hat lange in mir nachgewirkt. Große Gefühle in den ganz kleinen Gesten – der Leser entdeckt viel Verschollenes in seinem eigenen Leben, wert, gelebt und geachtet zu werden. Wie eine Wiedergeburt.
Ich bin gespannt auf einen Nachfolgeroman dieses bemerkenswerten Menschen David Fuchs.
David Fuchs, Bevor wir verschwinden, Haymon Verlag 2018, ISBN 978-3-7099-3433-3
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2019-11-19)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.