Es wäre eine interessante Frage, was aus dem unvollendeten Werk des jüdischen Kulturkritikers und Philosophen Walter Benjamin geworden wäre, hätte er nicht aus Angst vor seinen faschistischen Häschern und dem Verdacht, der sich später als falsch herausstellte, er stünde kurz vor der Verhaftung, nach seiner schon gelungenen Flucht über die Pyrenäen seinem Leben ein Ende gesetzt.
Besonders während der Studentenbewegung erfuhren seine Werke eine Renaissance. Walter Benjamin, der mehr als Kulturkritiker wahrgenommen wurde, denn als ein Philosoph mit einem stringenten Werk, hätte nach dem, was er als verstreute Philosophie hinterlassen hat, mit Sicherheit ähnlich wie seine jüdischen Freunde Adorno und Horkheimer nach dem Krieg einiges zu sagen gehabt.
Diese Vermutung wird zur Gewissheit, wenn man das vorliegende Buch de an der Tel Aviver Universität lehrenden Philosophieprofessors Eli Friedländer liest, dem es auf hervorragende Weise gelingt, nicht nur eine packende Biographie von Walter Benjamin vorzulegen, sondern der es auch schafft, das verstreute Werk Benjamins zu systematisieren. Für ihn ist es ein einzigartiges kohärentes philosophisches System, das fest in der philosophischen Denktradition verankert ist.
Dabei ist Benjamins leider unvollendet gebliebenes „Passagenwerk“ der Schlüsseltext und seine Überlegungen dort zum „dialektischen Bild“. Man gewinnt den Eindruck, dass die Schriften und die Denkweise Walter Benjamins auch fast 70 Jahre nach seinem Tod nicht obsolet sind.
Eli Friedländer, Walter Benjamin. Ein philosophisches Porträt, C.H. Beck 2013, ISBN 978-3-406-65457-2
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2013-11-01)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.