Kölnkrimis sind nicht Krimis für Kölner, sondern Bücher, die in der besonderen Atmosphäre der Stadt links am Rhein angesiedelt sind.
In „Millionenallee“ wird uns nun ein ganz besonderer Ort Kölns als einer der Hauptschauplätze näher gebracht: Der Melatenfriedhof. Mitten in Köln. Der Ort, wo die Prominenz sich zu Grabe betten lässt, vornehmlich um die Mittelachse des Friedhofes herum, an der „Millionenallee“.
Frack von Franckenhorst, den wir einen Tag vor seinem 30. Geburtstag kennenlernen, könnte hier durchaus in ferner Zukunft ebenfalls seine letzte Ruhe finden. Als ältester Sohn eines großen Kölner Parfümerie-Unternehmens steht ihm ab seinem 30. Lebensjahr der Gang in eine verantwortliche Position in der Firma offen. Nur seine Familie scheint dies verhindern zu wollen. Zunächst mit kleinen Tricks, dann mit härteren Mitteln. Warum aber und wer steckt wirklich hinter dem Angriff auf ihn, der ihn schwer zerschlagen mitten in Köln zurücklässt? Gut, dass er von einem Obdachlosen aufgelesen wird und von dessen ebenfalls obdachlosen Freunden, einer ehemaligen Krankenschwester und einem ehemaligen Frauenarzt, gut versorgt wird. Wo? Eben auf dem Melatenfriedhof, auf dem der einbeinige, obdachlose Retter aus der Not sein Quartier aufgeschlagen hat. Mithilfe der gesammelten Unterstützung seiner neuen Freunde und seiner Schwester klärt Franck die Hintergründe der „Verklüngelisierung“ auf höchster Ebene und des Angriffes auf ihn auf.
Im ersten Teil des Buches wird uns der Protagonist ausführlich vorgestellt und präzise charakterlich beschrieben. Im mittleren Teil erleben wir als Leser die Welt Kölns „von unten“. Obdachlosendasein, Hintergründe der Lebensgeschichten, Überleben auf dem Friedhof, Edgar Franzmann führt uns an diese andere Seite Kölns, die unter der Oberfläche auch das Leben in dieser Stadt ausmachen. Köstlich, seine Schilderung des gemeinsamen Abendessens auf dem Friedhof. Humorvoll ebenso der spätere Umzug der bunten Gruppe auf des reichen Erben Kosten in das Dom Hotel, die erste Adresse der Stadt. Orte und Flair Kölns werden prägnant beschrieben, ohne sich als reine Stadtführung in den Vordergrund zu drängen. Nebenbei wird noch die „Verklüngelisierung“ thematisiert: Franzmann versteht darunter nicht mehr den kleinen Klüngel vor Ort, der in der Realität meist ans Tageslicht kommt, sondern Schiebungen auf höchster Ebene, die nur noch denen bekannt sind und werden, die daran beteiligt sind.
Das Ende hält die Spannung, obwohl es in meinen Augen ein wenig zu lang geraten ist und an manchen Stellen etwas hölzern und konstruiert wird.
Ein zu empfehlender Lesegenuss, der trotz einiger Längen mit Spannung und greifbar beschriebenen Personen unterhält und zugleich andere, auch dem Kölner durchaus nicht allzu bekannte Seiten, der Stadt vor Augen führt. Von Edgar Franzmann, der, wie man merkt, als Kölner weiß, wovon und worüber er schreibt.
[*] Diese Rezension schrieb: Michael Lehmann-Pape (2010-04-09)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.