"Unterdrückte sind momentan groß in Mode", sagt der Journalist vor dem Gerichtsgebäude zu Staatsanwalt Hank Bell aka Bellini (Burt Lancaster). Auch er stammte einst aus diesem Viertel und hatte eine Affäre mit einer Frau, dessen Junge nun wegen Mordes vor Gericht steht.
The Blind Boy and the Teen Killers
Roberto Escalante, ein Angehöriger der puertoricanischen Gemeinde in Spanish Harlem New York, wurde von drei minderjährigen weißen Kids auf offener Straße erdolcht. Es geschah am helllichten Tag, unter den Augen der Nachbarn. Die drei Kids gehören zu einer anderen Gang, den Thunderbirds, welche sich regelmäßige erbitterte Straßenkämpfe mit den verfeindeten „Horsemen“ liefern. Die Teenager-Mörder Täter Danny Di Pace, Arthur Reardon und Anthony „Vampyr“ Aposto hatten den blinden Roberto allerdings aus gutem Grund ermordet, er trug ein Messer. Das zumindest behaupten sie vor Gericht, wo Staatsanwalt Bell alle Hände voll zu tun hat, die Geschworenen auf seine Seite ziehen. "The Blind Boy and the Teen Killers" titelt die sensationshungrige Presse und nimmt sich sogar Bellini wegen mutmaßlicher Befangenheit (wegen der Affäre) vor. "Er könnte ebenso /unser/ Kind sein", bittet die Mutter von Danny ihren ehemaligen Freund Hank, den Staatsanwalt, um Vergebung. Aber auch der angehende Gouverneur Dan Cole fordert die Todesstrafe, da er sich von einem harten Urteil Wählerstimmen erhofft. Die Devise "Law and Order" zieht immer gut als Wahlpropaganda. Lieutenant Gunderson (Telly Savalas) macht sich lustig über die Mütter, die alle das gleiche sagen: "Mein Junge hat das nicht getan, mein Junge kann das nicht gewesen sein".
Gangs und Gags vor Gericht
Das Thema Jugendgangs war damals hochaktuell, man denke nur an das Musical "West Side Story" (1957). Die Romanvorlage "Harlem Fieber" (A Matter of Conviction) stammt von Ed McBain, der den Roman 1959 unter seinem Künstlernamen Evan Hunter veröffentlichte. Aber auch die Frage nach Sozialisation und Resozialisierung wird gestellt, schließlich hat es Hank auch nur durch seinen Fleiß zum Staatsanwalt gebracht, obwohl er aus ähnlichen sozialen Verhältnissen stammt wie die Angeklagten. Dass es so etwas wie Armut in den USA der 50er gibt ist schon mal ein guter Ansatz dieses Films für Hartgesottene vom Action-Regisseur John Frankenheimer. Damals waren es zwar nur Springmesser, die die Jungs einsetzten, aber die soziale Komponente ihrer Devianz wird gut herausgearbeitet. Auch der Seitenhieb auf die Liberalen ist gekonnt: Hanks Frau Karen ist gegen die Todesstrafe und bettelt ihren Ehemann um Milde. Er beschimpft sie als Tochter aus gutem Hause, die ihm mit ihrem verlogenen Idealismus gestohlen bleiben könne. Als Gangmitglieder seine Frau bedrohen fühlt er sich in seiner "Zero Tolerance" bestätigt. Aber durch seine Ermittlungen in beiden Lagern, bei den Thunderbirds und den Horsemen, wendet sich dann doch das Blatt. Haben die Liberalen vielleicht doch recht? "Nur kleine Mädchen weinen", meint Danny Di Pace nach Verkündung des Urteils. Doch Hank antwortet ihm hardboiled: "Nein, mein Junge, auch Männer können weinen". Immerhin das wusste man schon 1957.
John Frankenheimer
DIE JUNGEN WILDEN (1961) (BLU-RAY)
Originaltitel: The Young Savages
EXTRAS: Original Kinotrailer, Bildergalerie
2024/1961, BluRay, Action, Drama, Thriller, ca. 103 Minuten, Altersfreigabe 16
Mit Edward Andrews, Dina Merrill, Vivian Nathan, Pilar Seurat, Jody Fair, Larry Gates, Shelley Winters, Burt Lancaster, Telly Savalas
Sprachen: Deutsch, Englisch
Plaion Pictures
16,99 €
[*] Diese Rezension schrieb: Juergen Weber (2024-12-26)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.