„Someday my son may return and lead your tribe to greatness“, soll einst Aleta den Algonquins, dem Indianerstamm, dem auch Arn`s Hebamme entstammt, prophezeit haben. Tilicum hört diese Prophezeiung mit Genugtuung und dennoch wird sie dem jugendlichen Arn vorenthalten, denn es ihm zu sagen, bedeutete schon, ihn zu verlieren. Als „intentionale Informationsleerstelle“ bezeichnet Uwe Baumann diese Auslassung der Eltern und Erziehungsberechtigten Arns, aber tatsächlich werden die Boote bald für die „Große Überfahrt“ bereitgemacht, denn König Aguar hat erneut bestätigt, dass einer einen Hof und eine volle Börse erhält, wer neues Land und neu Handelswege für Thule findet.
Die erste „Große Überfahrt“ war noch von großer Eile gekennzeichnet, da Prinz Eisenherz ja seine Aleta vor Ulfrun retten musste, aber für die zweite Überfährt nimmt sich Hal Foster mehr Zeit und schildert auch die die einzelnen Stationen wie Faröer-Inseln, Island, Grönland oder Neufundland in beeindruckenden Illustrationen. Vor allem aber Arn, der junge Prinz, der nun zum Manne reift, steht im Mittelpunkt dieses Abenteuers, das den „young lad“ vor große Herausforderungen stellt. „The refusal to obey his first order brings a subtle change in the young lad. He is descended from Kings and Queens, great leaders and warriors, and Arn has inherited something of each.” Dennoch ist er aber vor allem auf den Rat Gundar Harls udn Tilicums angewiesen und später auch auf den Rat des Häuptlings der Algonquins, um zwischen Wikingern und Indianern zu vermitteln. Dabei beweist er sich trotz seiner Jugend schon als weiser Erwachsener, denn er lernt die Sitten und Traditionen der Eingeborenen zu akzeptieren und mit dem ihnen gebührenden Respekt zu behandeln. Gegenseitige Toleranz der beiden so grundverschiedenen Völker wird damit zum Überlebensrezept in der rauen Wildnis Nordamerikas.
Die Freundschaft der Algonquins mit den Wikingern wird aber auch weitreichende Konsequenzen für die anderen Indianderstämme haben, da Gundar Harl in der Ausbildung seiner befreundeten Indianer zu Wolfskriegeren das eigentliche Versprechen Aletas erfüllt. Seine strategischen Überlegungen tragen wesentlich dazu bei, dass die Algonquins von den Irokesen, Huronen und Ottowa bald gefürchtet werden und ihnen sogar ihre ihnen einst geraubten Gebiete freiwillig zurückgeben. Die Einführung fremder, westlicher Technologie bringt so nicht nur das Gleichgewicht der Stämme untereinander ins Ungleichgewicht, sondern hat auch wesentliche soziale Konsequenzen. Im Mittelpunkt steht nicht mehr nur der heroische Kampf des Einzelnen zum Beweis seiner Manneskraft und Ehre, sondern nunmehr ein gewisser Teamgeist, der Stärke durch Einheit erzeugt. So erfüllt sich schließlich die Prophezeiung Aletas und das Versprechen wird eingelöst. Das Ergebnis eines Vorschlages der Ottowa zur Gründung eines gemeinsamen Stammesverbandes wird zum Grundstein der Algonquin-Nation und hat im Vorwort von Uwe Baumann die politische Einigung der Sechziger des 20. Jahrhunderts zum Vorbild. Die Gründung der AIM (1968) habe wesentlich zum Problembewusstwerdungsprozess der Indianer in der US-amerikanischen Gesellschaft beigetragen. Baumann verweist damit auch auf den politischen Hintergrund der Geschichten Hal Fosters, die sicherlich nicht ganz unabhängig vom Zeitgeschehen ihrer Entstehungszeit entstanden sind, auch wenn vorliegende Episoden in den Jahren 1965/66 entstanden, also schon weit vor der Politisierung der späten Sechziger. Dennoch sind Baumanns Vorwort und seine Hinweise sehr lesenswert und versüßen einem die Lektüre der eigentlichen Geschichte noch zusätzlich.
Und natürlich werden auch die Abenteuer des Prinzen Eisenherz in diesem Band fortgesetzt, denn dieser hat nicht nur mit Intrigen Mordreds zu schaffen, sondern auch mit einem fehlgeschlagenen Wikingertournier und einer Wassernixe, der er in der Bibliothek Merlins nachforscht. „Meine Frau ist also zur Legende geworden“, resümiert er zufrieden lächelnd und weiß, dass manchmal sogar noch die Realität so manche Fabel übertrifft. Auch wenn Eisenherz das entspannende Familienleben sichtlich genießt, weiß doch jeder, der Foster kennt, dass die Idylle nicht lange andauern wird. Denn die nächsten Abenteuer warten schon auf einen Prinzen, dem einst die Hexe Hobbit prophezeite, dass er alles finden werde, nur eines nicht, die Zufriedenheit.
Die Prinz Eisenherz Hal Foster Gesamtausgabe erscheint in achtzehn großformatigen (23,5 x 32 cm) Bänden, die neben den Comics auch eine Fülle von Informationen rund um Prinz Eisenherz enthalten werden. Alle 1788 von Hal Foster gezeichneten Seiten der weltberühmten Saga wurden aufwendig digital überarbeitet. 2 Bände mit Prinz Eisenherz Comics sind dieses Jahr, 2011, erschienen. Band 14 der Foster Ära, noch 4 Alben bis zum Ende und Band 2 der Foster/Murphy Jahre, von denen insgesamt 5 Bände erscheinen werden. Noch 6 Bände und die Comic-Seiten von Harold Foster und John Cullen Murphy liegen in einer exzellenten großformatigen Ausgabe, herausgebracht vom Bocola Verlag, vollständig vor. Ein Muß also für alle Fans des Prinzen ohne Furcht und Tadel.
Prinz Eisenherz Band 15
erschienen im Juli 2011
Hal Foster-Gesamtausgabe
(Originalseiten 1456 - 1559)
Großformatiger (23,5 x 32 cm) Hardcover-Band
erstmals in der restaurierten ursprünglichen Farbversion der US-Sonntagsseiten!
Übersetzung von Wolfgang J. Fuchs
ISBN 978-3-939625-16-2
22,90 EUR [D] / 23,60 EUR [A] / 37,50 SFr [CH]
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2011-08-14)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.