Tarzan wurde noch 1954 von der neugegründeten Bundesprüfstelle in der Bundesrepublik als erstes „jugendgefährdendes Werk“ eingestuft. Aber bereits die Nazis hatten die Tarzan-Filme verboten, vorrangig aus Gründen des Tierschutzes aber wohl auch, weil der Film „das Rassenempfinden“ verletze. In den USA gab es beim Start der Tarzan-Filme aber auch sehr viel Zensur und sogar in Frankreich, dem Land der Liebe, waren die Tarzan-Comics zehn Jahre lang verboten, nämlich zwischen 1953 und 1963. Tarzan war nicht nur der erste nackte Mann der Filmgeschichte, sondern auch ein Taugenichts, ein Faulpelz, der nichts macht, außer Affenfüttern und das nicht im Zoo, sondern im Dschungel. Tarzan stehe aber auch für eine „Vermischung der Kulturen und Völker. Tarzan verkörpert vor allem die ununterbrochene Linie zwischen Natur und Kultur. Es gibt keinen Bruch, er ist der lebende Beweis dafür: ein vornehmer Lord in der Stadt und ein schrecklicher Jäger im Dschungel.", so der Kurator einer wissenschaftlichen Ausstellung zum Thema 2009 in Paris, Roger Boulay. Tarzan im Film und Tarzan im Comic haben denselben Ursprung: den Roman Edgar Rice Burroughs, der den Tarzan-Mythos 1912 mit .dem heutigen Klassiker „Tarzan bei den Affen“ begründet hatte.
What keeps mankind alive?
Schon 1914 verkaufte er über 15 Millionen Tarzan-Bücher, in der er die Geschichte eines Kindes, das von einer Gruppe Affen aufgezogen und Tarzan, was in der von Burroughs erfundenen Affensprache „weiße Haut“ bedeutet, genannt wird, erzählt. In Tarzan finden sich Spuren vom Dschungelbuch Rudyard Kiplings, von Charles Darwins‘ Theorien., aber auch von der römischen Sage von Romulus und Remus, den Gründern der Stadt Rom, die von einer Wölfin aufgezogen worden waren. Kaspar Hauser wird Burroughs nicht gekannt haben, aber auch hier setzt sich der Interpret mit dem Phänomen Mensch und Natur, also eigentlich mit der Frage, was macht den Menschen zum Menschen? Die Sprache? Oder doch eher sein zivilisiertes Verhalten? Dass Tarzan verfilmt werden würde, war übrigens schon dem Autor selbst klar, der schon 1916 einen diesbezüglichen Vertrag unterzeichnete. Die Verarbeitung des Buches zum Comic wurde von Burroughs teilweise ebenfalls noch beobachtet und kommentiert. Er wollte vor allem, dass sich auch die Comics an ein erwachsenes Publikum richten sollten.
„The hunt is off! The fox is my little brother“
Ein Satz wie er revolutionärer nicht sein könnte, bedenke man doch, dass Tarzan auch in England gelesen wurde, wo die Fuchsjagd immer noch eine Hauptunterhaltungen der Oberklasse war. Heute ließe sich Tarzan’s Statement mühelos für eine Kampagne der Grünen verwenden oder gegen das Tragen von Pelzen oder Gewalt gegen Tiere überhaupt. Auch der Vater von Tarzan, Lord Greystoke rettet einem Schwarzen das Leben, was später dann zu seiner Aussetzung führte und ihn mit seiner schwangeren Frau im Dschungel um’s Überleben kämpfen lassen wird. Aber immerhin überleben sie die Meuterei und werden nicht wie die anderen noblen Herren und Offiziere erschossen. Nachdem seine Mutter dem Wahnsinn verfällt und schließlich stirbt, kann sein Vater ihm zumindest indirekt das Leben retten, denn Tarzan wird von einer Äffin adoptiert, die zuvor ihr eigenes Kind verloren hatte. Als Tarzan als Erwachsener in der ersten Episode schon in die Welt der Zivilisation kommt, um seine Jane zu erobern, die er zuvor schon im Dschungel erstmals geküsst hatte, entscheidet sich diese jedoch für seinen Kontrahenten Clayton, der eigentlich Tarzans Besitztümer ungerechtfertigterweise innehielt. Anstatt sich zu erkennen zu geben, dass er der wahre Lord Greystoke jun. ist, küsst er charmant Jane’s Händchen und verabschiedet sich mit den Worten: „Ich wurde im Dschungel geboren. Meine Mutter war eine Äffin, wer mein Vater war habe ich nie erfahren.“ Tarzans Kulturverzicht ist nicht nur eine Entsagung auf die Liebe einer Frau, die den Reichtum dem Leben in der Natur vorzieht, sondern auch auf die vermeintlichen Errungenschaften der Zivilisation an sich. Denn nichts kann ihm so viel Glück bieten, wie das Leben bei seinen Affen.
Bocola: Tarzan in 10 Prachtausgaben im Luxusformat
Als am 15. März 1931 in einigen amerikanischen Zeitungen die erste farbige Comicseite von Tarzan erschien betraute man vorerst Rex Maxon mit dieser vertrauensvollen Aufgabe, doch bald folgte Hal Foster, der ab dem 27. September 1931 die Serie übernahm. Immerhin 293 Seiten der Serie stammen von ihm. Mitte 1937 wurde der für seinen dynamischen Zeichenstil legendäre Burne Hogarth dann sein Nachfolger. Abgesehen von einer längeren Pause - Mitte der 1940er Jahre, in der Ruben Moreira zeichnete - führte Hogarth die Abenteuergeschichten bis 1950 fort. In zehn Bänden erscheinen bei Bocola erstmals diese restaurierten Tarzan-Comics in den Originalfarben. Die großformatigen Hardcover (26,3 x 35,4 cm) bringen die detailreichen Zeichnungen gut zur Geltung. Jeder Band mit ca. 112 Seiten kostet € 29,90 und enthält zwei Jahrgänge. Buch 1 präsentiert zum Einstieg, neben einem umfangreichen Vorwort, auch die allererste Tarzan-Geschichte von Hal Foster aus dem Jahre 1928. Die Neuübersetzung stammt von Barbara Propach.
Tarzan Sonntagsseiten
Band 1, 1931 – 1932
Band 1
Hal Foster & Rex Maxon
(Originalseiten 1-94)
Großformatiger (26,3 x 35,4 cm) Hardcover-Band, 144 Seiten
erstmals in der restaurierten ursprünglichen Farbversion der US-Sonntagsseiten!
Übersetzung: Barbara Propach
ISBN 978-3-939625-61-2
29,90 EUR [D] / 30,80 EUR [A] / 49,90 sFr [CH]
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2013-02-27)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.