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Krista Fleischmann - Thomas Bernhard. Eine Begegnung
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Fleischmann, Krista:
Thomas Bernhard. Eine
Begegnung

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(Bücher frei Haus)

Die „Monologe auf Mallorca“, 1981 - das Gespräch kurz vor dem „Holzfällen“-Skandal, 1984 - das Gespräch in Madrid, „Die Ursache bin ich selbst“, 1986. Wenn Thomas Bernhard sich vom Wiener ORF-Fernsehen interviewen ließ, stellte er sich das so vor: Die ihm seit Jahren bekannte und genehme Frau Fleischmann solle an einen Ort, wo es schön und warm ist, wo Hotels und Essen gut sind, mit ihm reisen. Auf ORF-Kosten zwar, für das Interview verlangte er dann aber nichts mehr.

Frau Fleischmann solle ihre Fragen stellen und ihm gestatten, dass er, bei einem Tässchen Kaffee sitzend, ein wenig in Richtung des Erfragten plaudern und alsbald möglichst weg von dem Gefragten albern und schimpfen konnte. Hinterher sollte sie es irgendwie zusammenschneiden und arrangieren. Das war ja ihr Beruf. Er wollte das vor der Ausstrahlung nicht sehen. Was herauskam, schaut sich, in mehrere Teile zerlegt, heute auf YouTube erstaunlich konzise an, liest sich im Buch aber oft genug wie blanker Unfug. Aus einer größeren Zahl von Fleischmann-Interviews haben es diese drei ins Buch geschafft, weil nur von ihnen das ungeschnittene Filmmaterial archiviert worden war. Fleischauer konnte Bernhards Originalwortlaut fürs Buch über längere Strecken transkribieren.

Zitat:

Fleischmann: Und die Sexualität?
Bernhard: Und die Sexualität, mit der entsteht dann erst dieses Körperliche - allerdings ist das dann ja die Lust, nicht -, und vorher ist ja nur ein Schwebezustand. Sexualität war bei mir insofern sehr eingeschränkt, weil in dem Moment, wo sich das gerührt hat, nicht, und ich irgendwie g’merkt, aha, da sind ja ganz geheimnisvolle Kräfte, die dich selbst jetzt auf einmal in Bewegung bringen und so, auf bestimmte Objekte hin [lacht], da bin ich irgendwie sterbenskrank g’worden. Und dadurch war das jahrelang eher sehr, sehr eingedämmt und eingeschränkt. Was eigentlich schad‘ ist, weil grad‘ in der Zeit, in der die Sexualität wahrscheinlich den größten Reiz hat, nämlich wenn sie quasi erwacht und wenn das Schwanzerl sich rührt, auf deutsch g’sagt, nicht, also da war ich dann im Spital. [Genauer gesagt: mit neunzehn Jahren.] Da ist ja alles abgeschlafft, mehr oder weniger, und man liegt drinnen und ist einfach niedergehalten. Wie ich dann herausgekommen bin, war ich eher müd‘ und a bißl schwach. Aber, so zwischen zweiundzwanzig und dreißig war das dann schon alles, glaub‘ ich, ganz richtig und normal da, nicht. Auch mit großem Genuß und allem Auf und Nieder, wörtlich und bildlich gesprochen - Sie dürfen sich da nicht genieren! Am Meer geniert man sich ja über gar nichts. Oder haben Sie ein Schamgefühl jetzt?
Fleischmann: Nein, nein.
Bernhard: Ja, eh nicht, sehn S‘, das ist ja irgendwie ein Blödsinn.
Fleischmann: Haben Sie manchmal ein Schamgefühl?
Bernhard: Naja ich meine, sicher hat man hie und da ein Schamgefühl, allerdings, nachher denkt man sich, warum hast eigentlich eins g’habt, also es hebt sich dann immer wieder auf.

Aus solchen Zitaten - es gibt in einem anderen Interview auch noch eines, wo er sich auf die damalige Situation der achtziger Jahre bezieht und behauptet, mittlerweile wäre seine Konstitution so schwach, an Sexualität dürfe er gar nicht mehr denken, keiner Frau dürfe er sich als Mann zumuten - hat Marcel Reich-Ranicki (später) herausinterpretiert, Thomas Bernhard sei impotent gewesen, er habe es selbst so gesagt. Allerdings hatte Thomas Bernhard auch gesagt, dass Marcel Reich-Ranicki bei der FAZ monatlich 14 bis 15.000 DM einstreicht. Und in den achtziger Jahren war das gewiss kein Pappenstiel! Der Wahrheitsgehalt von beiden Behauptungen ist allerdings höchst zweifelhaft.

Bei Thomas Bernhard geht es letztlich doch stets nur darum, eine spaßige Zeit mit einem nicht unbedingt sympathischen Sonderling zu verbringen. So eine spaßige Zeit wird man bei Lesen dieser ORF-Interviews gewiss wieder haben.

[*] Diese Rezension schrieb: Klaus Mattes (2015-12-17)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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