Soll man es als Krimi bezeichnen oder ist es eher ein Thriller? Der neue Roman von Wolfram Fleischhauer besticht durch seine Vielschichtigkeit. Er erzählt von einer gefährlichen Spurensuche einer jungen Frau, die dabei auf jahrzehntelang versteckte, vergrabene und unterdrückte Relikte der deutschen Vergangenheit stößt und dabei ein ganzes Dorf und eine ganze Gegend in großen Aufruhr bringt.
Als die Forststudentin Anja Grimm zu einem mehrwöchigem Praktikum in eine entlegene Gegend des Bayerischen Waldes kommt, um dort mit einem Kollegen systematisch Böden zu untersuchen und zu kartieren, ist das kein Zufall. Sie hat es so gedreht, dass sie dorthin kommt, wo sie als kleines Mädchen zwei Sommer lang mit ihren Eltern Urlaub machte und wo vor über zwanzig Jahren ihr Vater spurlos verschwand.
Nie hat sie wirklich daran geglaubt, dass der Vater einfach so verschwunden oder verunglückt ist, wie man damals sehr schnell vermutete. Als sie an einer Stelle, die schon ihrem Vater damals auffiel, bei den Bodenproben große Auffälligkeiten feststellt, wird ihr Verdacht erhärtet.
Die Dorfbewohner haben etwas zu verbergen, das spürt man gleich zu Beginn des Buches an der Art und Weise, wie sie auf die junge Frau und ihre Arbeit reagieren. Als auch der geistig zurückgebliebene Spielgefährte aus unbeschwerten Urlaubstagen, Xaver Leybach, sie zweimal angreift und später von Anja Grimm erhängt aufgefunden wird, spitzt sich die Situation zu. Auch die Polizei ermittelt nur zögerlich und ganz allmählich mit einer subtil aufgebauten Spannung, stellt sich heraus, dass die Wurzeln der aktuellen Vorgänge und auch die Ursachen für den Tod von Anjas Vater weit in die deutsche Geschichte hineinreichen.
Weil mit allen Mitteln verhindert werden muss, dass die Wahrheit ans Licht kommt, gerät Anja in große Gefahr….
Wolfram Fleischhauer hat einen großen Roman geschrieben, der die Befreiungsgeschichte einer jungen Frau verbindet mit einem spannenden und gut recherchierten Einblick in ein ganz dunkles und verdrängtes Kapitel deutscher Geschichte.
Man kann dieses sehr empfehlenswerte Buch nicht aus der Hand legen, bis man zu seinem überraschenden Schluss gekommen ist.
Wolfram Fleischhauer, Schweigend steht der Wald, Droemer 2013, ISBN 978-3-426-19854-4
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2014-01-20)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.