Der Arzt und Schriftsteller Martin Winckler hat in seinem gerade erschienenen Roman „Es wird leicht, du wirst sehen“ das Thema der Sterbehilfe in einer beeindruckenden literarischen Weise bearbeitet.
In dem hier vorliegenden Buch der deutschen Philosophin Svenja Flaßpöhler nähert sich Autorin dem immer aktueller werdenden Thema in philosophischer und kulturgeschichtlicher Sicht, nimmt aber auch eine das Buch leicht lesbar machende journalistische Perspektive ein, und fragt, unter welchen Bedingungen eine Beihilfe zur Selbsttötung auf Wunsch moralisch vertretbar ist.
Wann ist ein Leben nicht mehr lebenswert – und wer darf darüber entscheiden? Nur der Einzelne selbst ? Und: ist der Mensch wirklich der Herr über sein eigenes Leben und auch seinen Tod?
Der vielleicht provozieren sollende Titel „Mein Tod gehört mir!“ erinnert an die Abtreibungsdebatte vergangener Zeiten. Hier wurde zwar eine gesetzliche Regelung gefunden, doch die betroffenen Frauen bleiben weiterhin allein gelassen und müssen die Entscheidung mit sich selbst ausmachen und vor allen Dingen oft ein Leben lang die Verantwortung dafür allein tragen.
Doch ich glaube, auch hier bei diesem Thema Sterbehilfe sind die Barrieren längst eingerissen, die die christliche Religion etwa zu diesem Thema seit zwei Jahrtausenden aufgebaut hatte. Nachdem ihm eine gnadenlose Moderne unendliche Freiheit geschenkt hat, soll der Mensch nun auch noch die Verantwortung übernehmen für seinen eigenen Tod.
Der Palliativmediziner Gian Domenico Borasio, den Flaßpöhler übrigens mir unverständlicherweise nicht wahrnimmt, hat in seinem Buch „Über das Sterben“ gesagt:
"Die Hoffnung auf ein ewiges Leben ist - zumindest hier auf Erden - nicht realisierbar. Aber die Hoffnung auf ein menschenwürdiges Lebensende unter guter Betreuung wird für immer mehr Menschen Realität. Dazu bedarf es der Mitarbeit aller: der Professionellen und der Ehrenamtlichen; der viele verschiedenen Berufsgruppen, der Angehörigen und der Patienten. Dann kann es tatsächlich möglich sein, gute Voraussetzungen für jenes Ziel zu schaffen, das Rainer Maria Rilke unvergleichlich formuliert hat:
'O Herr, gib jedem seinen eignen Tod.
Das Sterben, das aus jenem Leben geht,
darin er Liebe hatte, Sinn und Not.'"
Svenja Flaßpöhler, Mein Tod gehört mir. Über selbstbestimmtes Sterben, Pantheon 2013, ISBN 978-3-570-55227-8
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2013-12-03)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.