Zitat:
In einer modernen arbeitsteilig organisierten Wirtschaft geht es niemals darum, ob man sich verschuldet, sondern immer nur darum, wer sich verschuldet. Wenn ein Teil der Bevölkerung, in Deutschland der typische private Haushalt, spart, muss sich ein anderer Teil verschulden, soll die Rechnung aufgehen. Die Rechnung, das ist die eiserne Regel, nach der niemand sich verschulden kann, wenn ein anderer nicht spart und umgekehrt. Mit anderen Worten, niemand kann über seine Verhältnisse leben, wenn nicht ein anderer unter seinen Verhältnissen lebt, weil ja die vorhandene Gütermenge nur einmal konsumiert werden kann. Aus dieser einfachen und zwingenden Regel, nicht aus irgendeiner Ideologie, folgt, dass der Staat sich nur dann ohne Probleme schuldenfrei halten kann, wenn entweder die privaten Haushalte nicht sparen oder die privaten Unternehmen sich jederzeit so stark verschulden, dass sie die Ersparnisse der privaten Haushalte vollständig aufsaugen.
In einer modernen arbeitsteilig organisierten Wirtschaft geht es niemals darum, ob man sich verschuldet, sondern immer nur darum, wer sich verschuldet. Wenn ein Teil der Bevölkerung, in Deutschland der typische private Haushalt, spart, muss sich ein anderer Teil verschulden, soll die Rechnung aufgehen. Die Rechnung, das ist die eiserne Regel, nach der niemand sich verschulden kann, wenn ein anderer nicht spart und umgekehrt. Mit anderen Worten, niemand kann über seine Verhältnisse leben, wenn nicht ein anderer unter seinen Verhältnissen lebt, weil ja die vorhandene Gütermenge nur einmal konsumiert werden kann. Aus dieser einfachen und zwingenden Regel, nicht aus irgendeiner Ideologie, folgt, dass der Staat sich nur dann ohne Probleme schuldenfrei halten kann, wenn entweder die privaten Haushalte nicht sparen oder die privaten Unternehmen sich jederzeit so stark verschulden, dass sie die Ersparnisse der privaten Haushalte vollständig aufsaugen.
Dies ist der Kern aller Thesen, die Flassbeck in zahlreichen bedenkenswerten Vorträgen, einige komplett auf YouTube noch greifbar, sowie in der Folge mehreren Büchern mit ähnlichen Titeln dargelegt hat: „Zehn Mythen der Krise“ (2010), „66 starke Thesen zum Euro“ (2014). Luthers Wittenberger Eklat scheint Vorbild gestanden zu haben: 50 starke Thesen an den Dom des Neoliberalismus genagelt, „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“.
Für Flassbeck liegt der Trugschluss der Marktliberalen seit mittlerweile mindestens zwei Jahrzehnten, in Deutschland seit dem Einbruch, den das Zerschlagen der DDR-Wirtschaft und die anschließende Lebensstandard-Integration von Ost und West bewirkt haben, darin, Staatsbudgets per Kürzungen und Überlassung öffentlicher Aufgaben an den privaten Sektor sanieren zu wollen. Die Pflichten des Zahlmeisters gelangen somit zunehmend auf die Seite der breiten Bevölkerung, die Möglichkeiten einer Gewinnakkumulation mehr auf die der Großunternehmen. Dennoch postulieren die Marktliberalen, am Ende würden alle reicher sein. Nein, sagt Heiner Flassbeck, alle werden ärmer werden, sogar die Kapitalisten! Das Gefährliche am Merkel-Schäuble-Erfolgsplan sei, dass er einen Dominoeffekt auslöse, bei dem die deutsche Austeritätsspirale abwärts, Produktionskosten müssen ständig auf Kosten der Inlandskaufkraft verringert werden, allen anderen EU-Ländern aufgezwungen wird, die sowieso prekärer als Zentraleuropa dastehen.
Die Produktivität, die Relation zwischen aufgewendeter Arbeitszeit und dem mittels ihr erzeugten Wertzuwachs, sei in Deutschland oder Österreich nun mal höher als in China, aber auch als in Polen. Niedrige Löhne machten durchaus Sinn für die Volkswirtschaften von China oder Polen, nicht aber für einen der globalen Produktivitätsmeister mit regelmäßigen, verlässlichen Zuwächsen bei der Vergleichsgröße Produktivität.
Wer mit Rücksicht auf die Globalisierung „Lohnzurückhaltung“ zum Ziel von „Reformen“ mache, erreiche nur, dass der heimische Konsument Ausgaben zurückhält, seiner Wirtschaft den Impuls sendet, per Verkauf im Inland sei nicht genug zu holen, das Heil müsse im Export gesucht werden. Somit geraten, per Konkurrenzdruck, die Löhne in Ländern, deren Produktivität gegenüber Deutschland hinterherhinkt, unter Druck. Wer bei seiner Fertigung nicht sehr produktiv ist, kann sich im Markt nur dann noch behaupten, wenn er auf die Personalkosten drückt. Es kommt zur Schraubbewegung abwärts, die am Ende in Deutschland selbst auch wieder nachvollzogen werden muss. Stagnierender Konsum, Lohndumping, Billig-Jobs auf einem Arbeitsmarkt, der dem Einzelnen immer höhere Leistung abverlangt, lahme Inlandsmärkte, Handelsüberschüsse nach außen, steigende Leistungsbilanzdefizite der südeuropäischen Staaten. Flassbeck prophezeit: Die Volkswirtschaften nicht nur Griechenlands, sondern des ganzen Mittelmeerraumes werden in Berlin und Brüssel gegen die Wand gefahren. Der Euro wird brechen.
Ich griff zum Buch ja mit der irrigen Annahme, es handele sich um eine populärwissenschaftliche Einführung in die Ökonomie. In so einem Fall sehe ich vorweg nach, wie viele Anmerkungen, Diagramme es gibt, wie ausführlich das Bücherverzeichnis ausgefallen ist. Marketing-Experten der Verlage warnen: „Jedes Diagramm, dass du in dein Werk einrückst, senkt die Verkaufszahl um die Hälfte.“ So gesehen müsste „50 einfache Dinge, die Sie über unsere Wirtschaft wissen sollten“ recht gut gelaufen sein. Nirgendwo erscheint ein Schaubild. Die Literaturliste umfasst schlanke zehn Titel, deren Autoren sich nicht wie weltferne Geheimniskrämer lesen: Meinhard Miegel, Hans-Werner Sinn, Gabor Steingart, Heribert Prantl, Albrecht Müller, mithin die von einer breiten Öffentlichkeit respektierten Exponenten der andauernden Debatte zwischen Marktliberalismus und Interventions-Keynesianismus.
Kein Fachbuch, kein Handbuch, kein Lehrgang also, vielmehr eine Folge pointiert geschriebener Meinungsartikel, eher Journalismus als trockene Wissenschaft. 50 kluge, durchaus einseitige Leitartikel in einer lockeren Folge.
[*] Diese Rezension schrieb: Klaus Mattes (2016-08-01)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.