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William Faulkner - Die Freistatt
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Faulkner, William:
Die Freistatt

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(Bücher frei Haus)

Der humane Mikrokosmos Mississippi

Die Werke des Literaturnobelpreisträgers von 1949 William Faulkner gehören derzeit zwar nicht zur zeitgenössischen Massenlektüre. Das mag zum einen an einem Stil liegen, dessen Friktion zwischen traditioneller Epik und einer Cameras Eye-
Perspektive, untermalt von grenzüberschreitender Metaphorik, dem Leser einiges abverlangt. Zum anderen passt es nicht in das gegenwärtige Weltbild, Mikrokosmen zu schaffen, die irgendwo im Bundesstaat Mississippi liegen und deren Design dazu zwingt, sich mit den Universalthemen der menschlichen Verwerfung zu beschäftigen. Der 1931 erschienene Roman Die Freistatt löst das Beschriebene in jeder Hinsicht ein.

Der Roman spielt zur Zeit der Prohibition in dem von Faulkner in vielen seiner Romane nach einem alten Indianernamen benannten County Yoknapatawpha im Staate Mississippi. Ein schnittiger, aber dem Alkohol verfallener Junge holt mit seinem Sportwagen eine schulschwänzende Freundin ab. Mit ihr will er noch kurz bei einer illegalen Schnapsbrennerei vorbei fahren, um sich etwas Spirit zu besorgen. Kurz vor dem Bauernhof überschlägt sich der Wagen, den beiden ist nichts passiert, aber sie sitzen dort fest und befinden sich in der Gesellschaft dunkler Männergestalten, die zum einen dem Jungen reichlich Alkohol zu trinken geben, sodass dieser handlungsunfähig wird und die um die junge Frau schleichen, um sich an ihr zu vergehen. Spannungsgeladen verstreicht die Zeit auf diesem Gehöft, bis das Unweigerliche geschieht. Und nicht nur das, sondern einer der Männer, der die junge Frau noch beschützen will, wird durch einen anderen getötet. Die junge Frau wird von einem der Täter in ein Bordell nach Memphis entführt, wo sie quasi Asyl erhält, während ein anderer verhaftet wird. Ein Anwalt glaubt, dass die Schuld nicht bei diesem liegt, hat aber in dem Verfahren keine Chance, weil die Verurteilung mit der Zeugenaussage des plötzlich von der Staatsanwaltschaft aus dem Bordell herbeigeschafften Mädchens, dessen Vater ein angesehener Richter ist, sicher ist. In der Nacht vor der Urteilsvollstreckung wird der vermeintliche Delinquent von einem Mob verbrannt, während der Entführer seinerseits an einem anderen Ort wegen eines Mordes verhaftet wird, den er nicht begangen haben kann.

Komplexität wie Kompliziertheit der Handlung stellen eine starke Herausforderung dar, ebenso wie die Kunst, Details, die scheinbar unerheblich sind, aber eine große metaphorische Bedeutung haben, sehr akribisch zu beschreiben, und auf der anderen Seite Schlüsselszenen wiederum nur anzudeuten. Faulkner braucht keine abschreckenden, blutrünstigen Szenen, um die Verwerfungen der menschlichen Kreatur in seinen Texten zum Vorschein zu bringen. In Mississippi wie auf der ganzen Welt existieren keine Gestalten mit einer weißen Weste, alle sind befleckt und von tiefer Schuld geprägt. Desto revolutionärer mutet es an, dass er selbst in den dunklen, bösen Gestalten verblüffende Anlagen zum Guten freilegt. Das macht die Lektüre nicht einfach, aber sie hilft, sich einen kraftraubenden Glauben an die Menschheit zu erhalten.

[*] Diese Rezension schrieb: Gerhard Mersmann (2009-12-07)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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