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Wolf Erlbruch - Ente, Tod und Tulpe
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Erlbruch, Wolf:
Ente, Tod und Tulpe

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(Bücher frei Haus)

Wolf Erlbruch ist ein Kinderbuchautor, der es auf hervorragende Art und Weise versteht, kleineren und größeren Kindern tiefgehende Daseinsfragen auf eine Weise näher zu bringen, die den kleinen Lesern Sinnangebote macht, die ihnen die Freiheit des Denkens lässt, ja sie geradezu fördert, die ihnen, undogmatisch und religiös nicht eindeutig festgelegt, Antworten anbietet und sie gleichzeitig einlädt und auffordert, nach eigenen Antworten zu suchen und diese Suche niemals aufzugeben.

Deutlich ist Erlbruchs Büchern abzuspüren, dass er es für absolut notwendig hält für ein sinnvolles und menschenwürdiges Menschenleben, sich diesen Fragen zu stellen, was ja angesichts des Niedergangs der Deutungshoheit, besonders aber der Deutungskraft der christlichen Religion und vor allem der beiden großen Kirchen in unserem Land nicht gerade einfacher geworden ist. Eine große Zahl verschiedener Stimmen und Sinnangebote überfluten schon kleine Menschenkinder und haben vor allem eines im Sinn: sie vom eigenen Denken abzuhalten und zu guten und unkritischen Konsumenten zu machen.

Zuletzt hat Wolf Erlbruch mit einfachen Texten und Bildern in seinem bei Peter Hammer erschienenen Buch „Die große Frage“ darüber nachgedacht, welche Antworten möglich sind auf die Frage, warum ein Mensch respektive ein Kind auf der Welt ist, eine Frage, die früher oder später über jede Kinderlippe kommt und leider selten angemessen aufgenommen und noch seltener beantwortet wird.

In seinem hier vorliegenden Buch „Ente, Tod und Tulpe“, das Antje Kunstmann in gewohnt hervorragender Weise verlegt hat, denkt Wolf Erlbruch nach über den Tod. Ähnlich wie die Frage nach dem Sinn der eigenen Existenz und ihrer Begründung und ihres Anfangs, gerät auch die Frage der Endlichkeit allen Lebens und das Phänomen des Todes ziemlich bald in den Focus kindlichen Bewusstseins und Erlebens. Kinder fragen danach, warum etwas sterben muss, was dann mit dem ehemals Lebendigen geschieht und wie man damit umgehen kann und soll, dass etwas – ein geliebter Mensch oder ein Tier – was lange da war, nun nicht mehr da ist.

Wolf Erlbruch wählt eine Ente als Protagonisten seines Buches aus. Sie ist guter Dinge und freut sich ihres Lebens, doch schon lange hat sie so ein seltsames Gefühl gehabt, bis sie den Tod erkennt und ihn fragt, warum er ihr dauernd hinterher schleiche. „Schön, dass du mich endlich bemerkst,“ sagt die Gestalt, „ich bin der Tod.“

Wolf Erlbruch hat ihn schlicht gemalt mit einem einfachen, kaum Furcht erregenden Totenkopf, einer karierten Ober- und Unterbekleidung und einfachen, flachen Schuhen. Was man zunächst kaum wahrnimmt, ist, dass er quasi hinter seinem Rücken eine Tulpe hält und sie auch bis kurz vor dem Ende des Buches nicht loslässt. Die beiden kommen miteinander ins Gespräch, und die Ente erfährt vom Tod, dass er immer wieder und zu allen Zeiten schon in ihrer Nähe ist, eine wunderschöne Umsetzung der paulinischen Erkenntnis, dass wir alle mitten im Leben vom Tod umfangen sind. Sie freunden sich an, die Ente und der Tod und er folgt ihrem Vorschlag und begleitet sie zu ihrem Teich. Als er beginnt im Wasser zu frieren, wärmt ihn die Ente mit ihrem warmen Körper und sie schlafen engumschlungen ein. Am nächsten Morgen wird sich die Ente bewusst, dass sie gar nicht gestorben ist, obwohl sie sich so eng mit dem Tod eingelassen hat.
Und dann folgen tiefsinnige Gespräche der beiden über Vorstellungen von Himmel und Hölle und sie sind die folgenden Wochen täglich zusammen. Eines Abends wird es der Ente kalt und sie bittet den Tod sie etwas zu wärmen. Die Ente stirbt und der Tod legt sie auf das Wasser, legt die Tulpe auf ihre Brust und gibt ihr einen vorsichtigen Schubs.
„Lange schaute er ihr nach. Als er sie aus den Augen verlor, war der Tod fast ein wenig traurig. Aber so war das Leben.“

Ein wunderbares, schlicht und einfach gezeichnetes und knapp, aber tiefsinnig getextetes Bilderbuch für Kinder ab etwa 5 Jahren, so bald sie durch eigene Fragen über den Tod und das Sterben signalisieren, dass ihre Seele für das Thema offen und bereit ist.

Wolf Erlbruch, Ente, Tod und Tulpe, Antje Kunstmann Verlag 2007, 40 Seiten, ISBN 978-3-88897-461-8

[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2013-07-04)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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