Schon in ihrem ersten Buch „Du atmest jetzt schon ganz schön lange aus - Ein Abschied“ versuchte Uta Engel ihren Gefühlen eine literarische Form zu geben. Damals war es der plötzliche Tod ihres Vaters, der sie zunächst sprachlos machte, und dem sie sich mittels der Sprache annäherte
Irgendwann einmal sagte ihr Vater zu ihr: „Wenn mit mir mal was passiert, sollst Du wissen: Ich hatte ein gutes Leben bis jetzt.“
Uta Engel fand diesen Satz absurd und wehrte ihn als Blödsinn ab. Als der Vater dann tot war, erinnerte sie sich und er wurde für sie wie ein Schatz: „Absurde und furchtbar blödsinnige Sätze können manchmal der größte Trost sein.“
Mit poetischen, stellenweise selbst absurden Worten schreibt sie sich ihre Trauer von der Seele. Reflektiert das Sterben des Vaters und ihre Einsamkeit.
Doch sie findet Trost:
„Jetzt weiß ich: wo immer Du auch bist -
Du bist noch derselbe.
Und ich weiß auch:
Wir hatten uns bereits alles Wichtige gesagt,
als Du noch hier warst.“
Ihre tastenden Versuche, für die Emotionen, die sie zu überschütten drohen, Worte zu finden, spenden Trost, nicht nur ihr selbst, sondern auch vielen Menschen, die einen lieben Menschen verloren haben, und nicht wissen, wie sie Abschied nehmen sollen.
Zwischen den Zeilen ist das Buch ein Plädoyer für das Reden zu Lebzeiten, auch über die Fragen unserer Endlichkeit, das Sterben und den Tod.
Es ist dieser tastende Schreibstil, die Haltung der Fragenden den sie auch bei ihrem vorliegenden zweiten Buch einnimmt. In „Ich, die anderen und die Fragen dazwischen“ versucht sie, allen möglichen Fragen auf den Grund zu gehen. Überzeugt ist sie: je näher man einer Frage und ihrem Charakter kommt, desto besser kann man auch entscheiden, wohin einen selbst die Fragen bringen.
Dabei vertraut sie dem Leben und sich selbst: „Für mich sind die Fragen an das Leben der größte Vertrauensbeweis, denn wenn ich nicht daran glauben würde, dass ich alle Antworten, die ich bekomme, auch aushalten und annehmen kann, würde ich die Fragen nicht stellen.“
Viele Menschen haben dieses Grundvertrauen verloren oder nie besessen. Uta Engels Texte sind auch wegen ihrer dialogischen Struktur und ihrer tiefen Einfachheit und Schlichtheit gut dazu geeignet, sich als Leser zunächst einmal auf die Fragen der Autorin einzulassen und dann ganz langsam in sich selbst zu spüren, was sie auslösen, wie sie sich für mich persönlich stellen.
Manche Sätze haben mich sofort gepackt und nicht mehr losgelassen. Ein Beispiel: „Sinn geben heißt nicht, einer Sache Recht zu geben.
Sinn geben heißt, sich einer Sache nicht zu er-geben.“
Uta Engel, Ich und die anderen und die Fragen dazwischen, Patmos 2013, ISBN 978-3-8436-0418-5
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2013-10-25)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.