ER ist wieder da! Spider Jerusalem, der Outlaw-Underground-Journalist der sich kein Blatt vor den Mund nimmt und sich sogar mit dem Präsidenten anlegt. Eigentlich hätte er ja ein gemütliches Leben in den Bergen dem Journalistendasein vorgezogen, aber als „The Word“ seine Schulden bei ihm eintreiben kam, musste er wohl oder übel wieder zurück in die Zivilisation. Einige seiner ersten Abenteuer wurden in Band 1-3 und meinen Rezensionen bereits beschrieben, aber in Band 4 geht es wirklich zur Sache, denn Jerusalem gibt den Löffel ab. Aber keine Sorge, es gibt noch einen Band 5 -soviel Insider-Geflüster ist auch zu mir und meiner Kartause in den Bergen durchgedrungen. Vorerst muss aber „The Word“ zusperren und Jerusalem wirft sich der Underground-Postille „The Hole“ an den Hals, denn er will vor allen Dingen eines: dass ihm jemand zuhört. Kampf gegen Regierung, Zensur und Präsident…
Gleich in einer der ersten Episoden wollen zwei Männer in Tarnanzügen Jerusalem den Garaus machen, aber nachdem sie ihn nicht gleich umlegen, weiß er, dass es eine Überlebenschance gibt, denn sonst hätten sie es ja gleich tun können und er hätte es nicht einmal gemerkt („drei Stunden auf dem Klo täglich“, nicht einmal seine bemüht Sicherheitsfixierten Assistentinnen hätten seine Abwesenheit bemerkt). Sein Bewerbungsgespräch bei seinem neuen Verleger dekliniert er mit folgenden Worten durch: „Um Journalist zu sein braucht es Leidenschaft, Besessenheit! Man muss brennen, halb verrückt sein und man darf sich mit nichts abfinden. Gottverdammt.“ Jedem Chefredakteur wäre so ein Aufdeckungsjournalist ein Dorn im Auge, aber „The Hole“ hat Löcher zu füllen und so gibt es nichts Besseres als diese Auswahl. Spider Jerusalem arbeitet dieses Mal sogar gratis, denn er will die Macht des Wortes versprühen, verspritzen und vor allem möglichst breit verteilen. …mit der Feder bewaffnet
Bei aller bunten und farbig leuchtenden Prominenz, die diese Graphic Novel Spider Jerusalem zu Teil werden läßt, gibt es auch noch sehr viele weitere Bewusstseinsschichten, die das Lesen gerade dieses Comics so interessant und aufschlußreich machen. Da wäre einerseitgs die unverhohlene Sozialkritik, die der Autor etwa mit den Worten eines schwarzen Sozialarbeiters so ausdrückt: „Es hat nichts mit Armut zu tun oder mit Versagen der Gesellschaft oder irgendwas in der Art. Es hat aber sehr wohl mit der Verantworutng zu tun, ein menschliches Wesen zu schaffen.“ Die Schuld an Kinder-Prostitution oder Drogenmißbrauch oder dem ganzen Elend der Menschheit trifft allein: die Eltern. Und dafür gibt es keine Ausreden. Auf Jerusalems Höhlenwanderung durch die Abscheulichkeiten unserer Zeit kommt er auch an einem Sonnenuntergang über dem Hudson vorbei, wo er sich gleich ein paar Tabs mit den Worten reinschmeißt: „Wie ihr alle: Die Vergangenheit spielt keine Rolle, und die Zukunft hat nichts zu bieten. Also bleibt uns nur der Augenblick.“ Paranoiker sind eben Leute, die die Fakten kennen und Spider Jeruselem ist mit Sicherheit einer davon. Raus aus der Hölle, rein ins Gefecht!
Eine der vielen genialen Szenen zeigt Jerusalem allein in einem dunklen schwarzen Loch, wo er mit sich selbst spricht und entscheidet, ob er nun tot ist und bleibt oder eben nicht. Seine Beschreibung der Hölle liest sich ziemlich realistisch: „Das war’s also. Ich werde einfach nur hier sitzen. Bis in alle Ewigkeit. Ohne Zigaretten. Ohne dass etwas passiert und ohne jemanden, mit dem man sprechen kann, und nichts über das man schreiben könnte.“ Für Teil 5 schwört er sich deswegen auch: „Keine Nadelstiche mehr“. Jetzt geht’s auf’s Ganze.
Warren Ellis/Darick Robertson
Transmetropolitan. Band 4.
Die Spinne im Netz.
Mit einem Vorwort von Darren Aronofsky www.paninicomics.de
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2014-09-22)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.