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Rezensionen


 
Warren Ellis - TRANSMETROPOLITAN 3: LONELY CITY

Auch ein Journalist hat Träume. Und ganz besonders natürlich dieser Journalist. In einer der Großaufnahmen sitzt er mit einer Zigarre und einer Flasche Champagner in einem Fauteille, zu seinen Füßen ein zerbrochener Bildschirm, in der Luft die Rauchkringel seiner Zigarre, die sich ineinander bewegen, wie seine Gedanken. Wahrscheinlich ist er gerade in seinen geliebten Bergen, in die er sich nach dem Armageddon-Showdown absetzten will. Aber vorher hat er noch einige wichtige Abenteuer zu bestehen, eines davon: die Welt vor ihrem Untergang zu retten.

Investigativer Journalismus als „Monstering“
Und wenn nicht die Welt, so doch zumindest seine Stadt. Denn wenn die Sonne auf sie „kracht, dann ist sie wie verändert, sie erblüht wieder, in Millionen Farben, von denen man vergessen hatte, dass es sie gab, weil der Winter so lang gewesen ist“. Mit seinem selbsterklärten „investigativen Journalismus“ fordert Spider die mächtigen seiner Stadt heraus, er ist ein Einzelkämpfer für das Gute, der nur von seinen beiden Assistentinnen unterstützt wird. „Monstering“ nennt er die Methode seines Journalismus und sie besteht hauptsächlich darin, „einen Scheiß drauf zu geben. Es geht darum, diesen Arschlöchern was heimzuzahlen, jenen Leuten, die wir über unser jämmerliches Leben bestimmen lassen. Ihnen zu zeigen, was es heißt, wir zu sein.“

Die politische Strategie der Verharmlosung
Spider Jerusalem wurde von den Medien, die im Solde der Mächtigen stehen, längst zu einer Comicfigur verharmlost. Seine allgegenwärtige Medienpräsenz als Kasperl und Kinderzeichentrick oder Müslibeilage hat Spider beinahe an den Rand des Nervenzusammenbruchs gebraucht und vor allem vorerst paralysiert. „Ein Paranoiker ist einfach einer, der die Fakten kennt“, so Spider und als er diese kennt, wacht er aus seinen selbstverabreichten Medikamentenüberdosen auf und wagt erneut den Kampf gegen das System. „Sie haben mich harmlos gemacht, sie haben mich zu einem verdammten Schoßhund gemacht, sie haben mir die Zähne gezogen, das Gift ausgesaugt…“, deliriert er und haut sich die nächste Überdosis in seinen offenen Rachen.

Ein delirierendes Vergnügen
„Ich habe schon früher solche Probleme gehabt. Wenn ich aus Prag rauskommen konnte, nach der furchtbaren Nacht am Telefon, mit Royce im halluzinatorischen Delirium der Geschlechts-Infektion in einem Auto voller transsexueller Tempelnutten der Mongolischen Kirche der Brüllenden Genitalien, dann kann ich hier auch rauskommen“, vermutet Spider im Angesicht seiner neu zu erstellenden Kolumne. Spider Jerusalem ist und bleibt der Mann für’s Grobe, einer der den Karren auch dann aus dem Dreck zieht, wenn es völlig verfahren und aussichtslos aussieht. Man könnte Spider Jerusalem ohne weiteres als Mischung aus Kinky Friedman und Hunter S. Thompson beschreiben, von dem einen hat er die Katze – die in Spiders Fall sogar zwei Köpfe hat – vom andern seine überdimensionierte Toxikomanie. Von beiden zusammen erbt er aber sein Talent, alles so richtig hochkochen zu lassen. Und so deckt Spider Jerusalem die dunklen Machenschaften des Bürgermeisters auf, klärt das Volk über die Vorgänge des Massakers in der Dante-Street auf und flirtet ganz nebenbei auch noch mit einem gutaussehenden schwarzen Cop, die seinen Rückzug sogar deckt. Solange es solche Spider Jerusalems gibt, hat die Welt also noch eine Chance. Wie man selbst einer werden könnte, erfährt man u.a. in Transmetropolitan 3. Ein delirierendes Vergnügen!

Warren Ellis/Darick Robertson
TRANSMETROPOLITAN 3: LONELY CITY
292 Seiten
Hardcover
Original-Storys: Transmetropolitan 25-36
29,99 €

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2014-04-16)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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