Was steckt hinter geistreichen Sprüchen?
Der Fall Aphorismus - von Andreas Egert
Am Umfang liegt es ganz gewiss nicht. Weder an dem des relativ schmalen Buches (131 Seiten) noch an den wenigen Worten, die jeweils sein zum Fall erkorenes Objekt ausmachen.
Auch einen Krimi schrieb Andreas Egert eigentlich nicht. Und doch geht er dem Fall Aphorismus kriminalistisch umsichtig und genau nach, um die Entstehung und Aktualität dieser literarischen Gattung zu ergründen.
Immerhin gilt es zu beweisen, dass ein Aphorismus einen ganzen Roman ersetzen kann. Und wie es scheint nicht selten sogar einen Schelmenroman.
Da werden Worte in möglichst unnachahmlicher Art logisch zu Weisheiten und auch zu Scheinweisheiten geformt, deren Widersprüche sich oft nur mit ganz speziellem und zeitlosem Humor aufdecken und verstehen lassen.
Als Fremdenführer bei spannenden Ausflügen in die Literaturgeschichte sowie in die Psychologie und Philosophie versteht es der Autor kenntnisreich davon zu berichten, was jene kurzen Aphorismen, die manche gar abfällig Sprüche nennen mögen, zu einem fantasie- und lustreichen Nachspüren von Denkern und Hobbydenkern beitragen können.
So fordert Egert – beruflich als freier Autor und Kommunikationsfachkraft in der Werbebranche unterwegs - u.a. für das „bedrohte aphoristische Geschlecht“ „einen geistreichen Artenschutz für die Gattung jener kritischen Quer- und Widerstandsdenker“, die auf jene geistreichen Sprüche nicht verzichten werden wollen. Zugleich ist er aber auch sicher, dass der Aphorismus auch weiterhin eine unverwüstliche literarische Gattung darstellen wird.
Ein nicht gerade anspruchsloses kleines Buch, das seinen Lesern durchaus eine gewisse Vorbildung in den gängigen Geisteswissenschaften abverlangt.
Wer bereit ist, manchen Fachbegriff zu ergooglen oder ihn in Fachbüchern und Lexika nachzuschlagen, wird sicherlich einen entsprechend großen Teil des Falles Aphorismus mit dem erfreulichen Gewinn neuer Sichtweisen aufdecken können.
Andreas Egert Der Fall Aphorismus – Zur Genese und Aktualität einer Gattung, Azur Verlag 2015, 11,80 €
[*] Diese Rezension schrieb: Karl Feldkamp (2015-07-19)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.