In diesem vor zwei Jahren erschienenen Streifen führte Clint Eastwood nicht nur Regie, sondern er spielte auch gleich die Hauptrolle. Zudem war es wohl seine letzte, denn der Showdown kann gelesen werden als die finale Inszenierung eines Schauspielerlebens, das geprägt war von den großen Themen des amerikanischen Traums. Vom Westernhelden über den legendären Dirty Harry und die Rollen der letzten zwei Jahrzehnte war Eastwood der Protagonist der amerikanischen Lone Stars per se. Die starken, gegen den Strom schwimmenden Individuen, die sich mit Gott und der Welt anlegten, aber eine klare Vorstellung von Werten und Ordnung hatten. Das sympathische an diesen Figuren, ja quasi ihr Heldentum bestand in ihrer Lädiertheit, sie waren beschädigt und in ihrer Fehlerhaftigkeit besaßen sie ihre Glaubwürdigkeit.
Gran Torino ist ein weiteres starkes Stück des amerikanischen Individualismus, aber auch eine Referenz an die Integrationsleistung dieser Siedlergesellschaft, die größer ist als alle anderen Versuche in der westlichen Hemisphäre, Fremdes zu integrieren. Es geht aber auch brutaler und schnörkelloser vonstatten als anderswo. Der Held ist wieder ein alter Wolf, der in einem ehemals situierten Arbeiterviertel Detroits wohnt, dessen sozialer Abstieg aber in vollem Gange ist. Der Held kämpft dagegen an, er hält die Ordnung und Werte hoch, er setzt instand und macht sein Ding, lässt sich nicht unterkriegen von der schnellen Verwertbarkeit und den rasend wechselnden Märkten und Konjunkturen. Er steht für eine Aristokratie aus emigrierten Iren, Italienern, Polen und Deutschen, die als Industrieproletariat in der Automobilindustrie der Region reüssierten und dann sich selbst überlassen wurden.
Seine direkten Nachbarn sind Asiaten, „Bambusratten“, wie er sie nennt. Die Annäherung ist schwierig, sperrig, von Vorurteilen geprägt. Die Integrität der Nachbarn ihm gegenüber und ihre Verletzlichkeit durch eine verrohte Umwelt lösen Emotionen bei dem einsamen Wolf aus. Er wird zum Beschützer und Leumund und er macht sich auf den Weg, seinen neuen Schützling, den Sohn aus der Nachbarfamilie, auf seine Weise zu integrieren.
Dieser erfährt den american way of integration, das rohe, raue und robuste Antasten an die Diversität der ethnischen Herkunft, den spielerischen Umgang mit den Eigenheiten des Andersartigen und die Fähigkeit, den Teamgedanken auf die unterschiedlichen Charaktere der Zusammengekommenen zu münzen. Das ist eine andere Blaupause für gelungene Integration, keine heile Welt der friedlich Gesinnten und Assimilierten, sondern der kontroverse Diskurs von Immigranten, die mit unterschiedlichen Agenden in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten gekommen sind. Der Film entwirft ein Bild von einer Welt, die alles andere als heil ist, aber durchaus das Potenzial besitzt, sich immer wieder zu arrangieren und zu erneuern.
Gran Torino. Regie: Clint Eastwood
[*] Diese Rezension schrieb: Gerhard Mersmann (2011-06-27)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.