Klaus Draken - Texte und Materialien für den Unterricht. Das gute Leben. Philosophieren mit Songs und Texten
Buchinformation
Sich der Frage nach dem "guten Leben" anhand von philosophischen Texten und Lyrics (Songtexten) anzunähern, dürfte wohl nicht nur Schüler:innen der Sekundarstufe II interessieren. Aber diese müssen, denn die Textauswahl ist auf die Lehrpläne der gymnasialen Oberstufe abgestimmt. Wir Vorgeborenen dürfen.
Texte aus Ost und West
Es werden von den Herausgebern ausdrücklich nicht nur westliche Texte bemüht - von der Antike bis heute - sondern auch fernöstliche wie etwa aus der Bhagavadgita oder den Reden Buddhas. Jedes Themenkapitel beginnt mit einer Einführung, zu den einzelnen Texten finden sich geeignete Arbeitsvorschläge. Zur Auflockerung folgen passende Songtexte. Einer der behandelten Texte stammt zum Beispiel von Hartmut Rosa, einem Soziologen und Politikwissenschaftler, der durch die Formulierung der Resonanztheorie bekannt geworden ist. Seine Idee vom guten Leben handelt davon, dass das "gelingende Leben durch offene, vibrierende, atmende Resonanzachsen gekennzeichnet ist, die die Welt tönend und farbig und das eigene Selbst bewegt, sensitiv, reich werden lassen". Mit anderen Worten: je mehr und je tiefer die sozialen Beziehungen eines Menschen sind, desto glücklicher wird er sein und das Leben umso mehr lieben. Als Songtext wird dazu "Geiles Leben" von Glasperlenspiel empfohlen. Der griechische Philosoph Epikur hatte zum Thema einen eher hedonistischen Ansatz. Aber er schlägt vor, sich dabei an der Tugend der sophrosyne (Maßhalten, Selbstgenügsamkeit) zu orientieren, um großen Schmerz, der auf großes Glück unweigerlich folgt, zu vermeiden.
Zwischen eudaimonía (Glückseligkeit) und ataraxia (Selbstbeherrschung)
Die Stoa wiederum vertritt die Auffassung, dass eudaimonía (Glückseligkeit) vielmehr durch die Abwesenheit von Wünschen als durch die Befriedigung derselben erreicht werden kann. "Gebieten kann der Mensch nämlich nur über sein Innenleben, oder stoisch gewendet: über seine Seele bzw. seine Vernunft". Der Stoiker will als eine richtige Haltung den Affekten gegenüber einnehmen, um zur apátheia (Erhabenheit der Seele) zu gelangen. Oder noch besser formulieren es Sagal und Galindo: das Verstummen der Leidenschaften (ataraxia) und Selbstbeherrschung sowie Gleichmut den äußeren Dingen gegenüber ermöglichen ein glückliches Leben. Glücklich ist, wer von der Vernunft geleitet nichts mehr wünscht und nichts mehr fürchtet, so Seneca. Da liegt natürlich dann die Frage nach dem Sinn des Lebens sehr nahe, womit sich weitere Texte der Moderne dann beschäftigen. Etwa Viktor Frankls "Der Wille zum Sinn". In diesem Text erläutert der Überlebende des Konzentrationslagers, was es bedeutet, vom Sinn erfüllt zu sein. Auch wenn dieser oft simuliert werden müsse, sei er doch unabdinglich für das Überleben.
Auf das was da noch kommt
"Wer ein Warum zu leben hat, übersteht fast jedes Wie", soll schon Nietzsche gewusst haben. Wilhelm Schmid formuliert es dann so: "Wo aber Sinn erfahrbar wird, ist Glück die Folge, und auf der Erfahrung einer Fülle von Sinn beruht vor allem das Glück der Fülle." Er erläutert auch den Zusammenhang zwischen Sinn und Sinnlichkeit. Menschen die Liebe füreiander fühlten würden die Frage nach dem Sinn etwa gar nicht mehr stellen, denn sie fühlen sich in dessen Besitz. Die Sinnfrage trägt historisch also bei weitem weiter als die Frage nach dem Glück. Dazu der Anspieltipp "Auf das was da noch kommt" von Lotte und Max Giesinger. Im Anhang befinden sich auch Schaukästen mit einem Überblick über antike Positionen zum Glück, einen Überblick über religiöse Sichtweisen zum Glück und Ansätze der Kritik an ihnen, Überblick über neuere Reflexionen zur Lebenskunstphilosophie, Überblick über Positionen zur Sinnfrage.
Texte und Materialien für den Unterricht. Das gute Leben. Philosophieren mit Songs und Texten
Für die Sekundarstufe II
Hrsg. von Klaus Draken und Jörg Peters
262 S. 17 Abb.
ISBN: 978-3-15-015086-3
Reclam Verlag
7,00 €
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2022-07-19)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.