Monsieur Armand ist ein alter Mann. Vor einigen Jahren hat er seine Frau durch eine schwere Krankheit verloren und lebt seither alleine, wobei ihm eine Zugehfrau den Haushalt führt mit der er aber nicht richtig klar kommt. Als pensionierter ehemaliger Lehrer für Philosophie kann er sich das auch leisten. Er hat zwei Kinder, die sich aber wenig um ihn kümmern und es nur auf sein Erbe abgesehen haben. Monsieur Armand trifft sich mit einer ehemaligen Lehrerkollegin jeden Sonntagabend zum Essen. Doch diese Freundschaft bedeutet ihm nicht viel. Sie kann ihn nicht mehr erreichen. Er, der doch jahrzehntelang seinen Schülern die Existentialphilosophie beigebracht hat, sieht sich nun selbst vor einem Zustand, in dem er keinen rechten Sinn mehr im Leben sieht und sehr oft auch an Selbstmord denkt. So lebt Armand ein recht trauriges Leben mitten in Paris, als ihm plötzlich und unverhofft die 20-jährige Pauline über den Weg läuft.
Auch sie ist ein Mensch, der sich vom Leben betrogen fühlt. Sie hat sehr früh ihre Eltern verloren und sucht seit Jahren in den zahllosen Liebhabern das, was sie so sehr vermisst: ihre Familie. Aber natürlich kann ihr von den Dutzenden von jungen Männern, die sie "testet", keiner das geben, was sie wirklich braucht und so flieht sie immer wieder schon nach kurzer Zeit in das nächste Abenteuer. Als sie eines Tages im Bus auf Monsieur Armand trifft, adoptiert sie ihn als ihren Wunsch-Großvater und hat sich damit ausgerechnet einen Mann ausgesucht, der sein Leben lang seinem eigenen Sohn ein ebenso liebloser wie ungerechter Vater gewesen ist. Doch sie weiß das nicht, sondern nimmt ihn so wie er ist. Durch ihre unschuldigen Nachfragen allerdings bringt sie den alten Mann, der sich sofort in Pauline verliebt hat, eine Liebe ohne sexuelles Begehren, ins Nachdenken und zum Handeln.
"Zwei Einsamkeiten, die zueinander finden, deren eine die Spielregeln kennt, Intelligenz und Bildung über alles stellt, Herz und Güte der moralischen Pflicht opfert, während die andere, instinktiv und empfindsam, spontan Liebe und Aufmerksamkeit zu schenken weiß, ohne dass Missverständnisse aufkommen."
Die beiden verbindet eine Freundschaft besonderer Art und sie wagen es, einen neuen Weg einzuschlagen und die Lebensfreude neu zu entdecken.
Francoise Dorner hat eine warmherzige Geschichte geschrieben, voller Humor. Mit Monsieur Armand schildert sie einen alten Helden mit vielen Ecken und Kanten, eigenbrötlerisch und dennoch mit einer tief vergrabenen Warmherzigkeit gesegnet, die immer wieder durch die raue Schale blitzt. Es ist eine Geschichte, die den Leser dauernd zum Schmunzeln bringt und ihn gleichzeitig tief berührt. Eine Geschichte voller Magie, die den Kult des ewigen Jungseins in unserer Gesellschaft entlarvt. Ein Buch über die Weisheit, dass es im Leben nie zu spät ist und man immer etwas verändern kann. Ein kleines Buch über das große Wunder des Lebens - die Liebe.
Das Buch und sein Stoff rufen geradezu nach einer Verfilmung, auf die man gespannt sein darf.
Francoise Dorner, Die letzte Liebe des Monsieur Armand, Diogenes 2015, ISBN 978-3-257-26125-7
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2015-04-28)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.