Auf einem düsteren Schloss wohnt Lady Vivian Hastings – alleine. Wir schreiben das Jahr 1765 und ihr Ehemann, Lord Byron Hastings, ist schon seit drei Jahren auf einer Reise in die Neue Welt verschollen. Als sie gerade neue Heiratspläne schmiedet um ihren kostbaren Landbesitz abzusichern, taucht plötzlich ihr Schwager Edward mit einem Indianer namens Moxtechica auf. Dieser vertraut ihr bald – unter vier Augen – ein Geheimnis an: sein Bruder und ihr Gemahl habe Guyanacapac, die sagenhafte goldene Indianerstadt entdeckt. Um die Bergung des dortigen Schatzes zu finanzieren und zu organisieren muss sein Bruder Edward nun aber den Besitz von Lady Hastings auflösen, obwohl es eigentlich ihr Besitz ist, denn er hat sie nur wegen ihres Reichtums geheiratet und wenig in die gemeinsame Ehe mitgebracht.
„sed libera nos a malo“
Als Mannschaft für die Neptune wird dann die ganze Long John Silver Partie eingeladen, darunter John Silver höchstpersönlich, Mr. Bonnet, Mr. Blackblood, Mr. Olaf und der Priester Pater Buzzard, alles wenig vertrauenserweckende Personen, aber gute Seemänner. Lady Hastings findet nämlich eine höchst elegante Lösung, wie sie sich über den Verlust ihres Anwesens hinwegtrösten kann: sie fährt einfach mit nach Guyanacapac, um dort ihrem Ehemann höchstselbst die Leviten zu lesen. Schließlich hat er sie und ihr Kind um sein Erbe gebracht. Die Reise in die Neue Welt kann also beginnen und der Spannungsaufbau ist schon im ersten Band der Fortsetzungsgeschichte in einem Band so gut gelungen, dass man beinahe selbst den „feinen Nieselregen, das Rauschen der Dünung, (...) den Atem des Meeres“ riecht. Denn „Long John Silver“ von Xavier Dorison/Mathieu Lauffray beinhaltet alles, was man sich von einer richtigen Piratengeschichte erwartet. Bevor der sagenhafte Schatz von Guyanacapac, der „bodenlose Brunnen“, gehoben wird, müssen allerdings eine Menge Menschen sterben.
Die Rache von Moxtechica
Aber zum Glück gibt es den Chronisten, denn selbst ein Long John Silver weiß, dass er nur dann unsterblich werden kann, wenn einer seine Geschichte erzählt und so muss er denn „sterben, um ewig zu leben“. Robert Louis Stevenson hat in „Der Schatzinsel“ die Figur des Long John Silver erfunden und die beiden Autoren wollen ihre Geschichte als Hommage an das Original nicht aber als Fortsetzung verstanden wissen. Die ursprünglich in vier Bänden erschiene Geschichte ist nun bei Carlsen Comics als Gesamtausgabe mit einer Vielzahl an Skizzen und Illustrationen als Bonusmaterial erschienen. Apocalypse Now trifft Pirates of the Caribbean trifft die Schatzinsel. Ein ästhetischer Hochgenuss für Piraten und Bewunderer in einer hochwertigen, gebundenen Hardcover-Ausgabe.
Xavier Dorison/Mathieu Lauffray
Long John Silver
Long John Silver: Long John Silver Gesamtausgabe (Hardcover)
übersetzt von Marcel Le Comte
Format: 24,30 x 32,00 cm
272 Seiten
ab 14 Jahren
ISBN: 978-3-551-73445-7
Carlsen Comics
D: 39,99 €/A: 41,20 €
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2017-12-14)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.