Das, was sich im Jahre 1962 abspielte und unter dem Namen Kubakrise in die Geschichtsbücher einging, kann heute als eines der herausragenden Beispiele für die Eskalationsgefahren des Kalten Krieges gelten. In einer Welt, die dominiert wurde von den eigentlichen Siegermächten des II. Weltkrieges, nämlich der Sowjet und den USA, hatte sich der Kampf um die Vorherrschaft zunehmend in atomaren Bedrohungsszenarien abgespielt. Obwohl sich beide Seiten immer darüber bewusst waren, dass eine Eskalation vom Planspiel zum Ernstfall möglich war, wirkte das tatsächliche Eintreten der Echtsituation wie ein weltweiter Schock. Die Sowjets hatten damit begonnen, Raketen mit Atomsprengköpfen auf Kuba zu installieren und damit getestet, wie der Gigant USA mit einem solchen Bedrohungspotenzial vor der Haustür umgehen würde.
Der Film Thirteen Days beschreibt in eingehenden Bildern und einer sehr an eine Dokumentation angelehnten Dramaturgie die tatsächlichen politischen Manöver und Planspiele. Die Hauptfiguren sind Präsident John F. Kennedy und sein Bruder Bobby sowie der Freund und Präsidentenberater, dargestellt durch Kevin Costner, aus dessen Perspektive die psychologisch angespannte und als Krise letztendlich gemanagte Situation geschildert wird. In sehr gekonnt arrangierten Schnitten werden die verschiedenen Szenarien und Argumentationsmuster kontrastiert.
Da gab es natürlich die Logik Falken im Militär, die mit ihrer Theorie der preemptive strikes vollendete Tatsachen schaffen wollten. Da gab es die Zauderer und zum Appeasement neigenden Tauben und natürlich die Versuche John F. Kennedys und seiner engsten Berater, sich in die logischen Bezugsfelder der Sowjetadministration zu denken und ein Kommunikationsmodell zu erarbeiten, mit dem die Interaktion mit den Sowjets letztendlich beginnen konnte, was im Film an einer dramatischen Stelle vom Darsteller des Robert McNamara verbalisiert wird. Und andererseits begegnen wir noch einmal einer sehr selbstbewussten und teilweise zynischen UdSSR, die im Vollbesitz ihrer Kräfte den momentanen Stand der hegemonialen Bezüge austariert.
Das Wertvolle an dem Film ist nicht nur seine Treue zu den historischen Abläufen, sondern auch das Vermögen, die innere Widersprüchlichkeit der handelnden Akteure glaubhaft darzustellen und insofern nicht der Versuchung einer Heroisierung zu verfallen. J. F. K. ist nicht der heute so oft glorifizierte Held, sondern ein geschickter Taktiker, der alles mit ins Kalkül zieht, worauf ein Politiker bis heute achten muss: die Verhinderung der tatsächlichen Gefahr, die Pflege seiner Lobby und seiner Klientel und die emotionale Reaktion der Wählerschaft. Zudem wird grausam deutlich, wie nah die Abschreckungslogik der atomaren Bedrohung des Kalten Krieges am welthistorischen Untergang angesiedelt war.
[*] Diese Rezension schrieb: Gerhard Mersmann (2011-08-04)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.