Der in Oxford und Mainz lehrende Autor des vorliegenden Buches, der Historiker Johannes Dillinger, gilt als einer besten Kenner der Hexenprozesse. Was landläufig wenig bekannt ist, ist die Tatsache, dass in zahlreichen dieser Prozesse Kinder eine tragende Rolle spielten. Entweder wurden sie selbst der Hexerei bezichtigt, angeklagt und hingerichtet, oder sie traten als Zeugen und Denunzianten auf und brachten somit Erwachsenen in den Verdacht, sich der Hexerei hinzugeben.
Zahlreiche Geschichten und Fälle hat Dillinger sehr gut lesbar in seinem aufschlussreichen Buch dokumentiert, und er ordnet sie ein in einen historischen Kontext, in dem er Kinder stehen sieht an der Schnittstelle zwischen Erziehung und Magie. Sie zeigen die Veränderungen im Verhältnis zwischen Kindern, Eltern und Schule und lassen für den Leser eine Welt wieder auferstehen, in der die Existenz des Teufels und von Geistern und vor allen Dingen die Wirksamkeit von Zauberei etwas ganz Normales war.
„Erwachsene machten Kinder zu Kinderhexen. Das gelang besonders leicht, weil die Frühe Neuzeit die Kulturbereiche von Kindern und Erwachsenen weniger scharf trennte als die Moderne. Die konkreten Zugriffsmöglichkeiten Erwachsener auf Kinder wurden dadurch gesteigert, dass viele der verdächtigten Kinder aus problematischen sozialen und familiären Verhältnissen stammten. Viele von ihnen waren arm.“
Dillinger zeigt auch Parallelen auf zu Kinderheiligen, wo ein ähnlicher Prozess in umgekehrter Richtung verlief.
Ein sehr informatives Buch.
Johannes Dillinger, Kinder im Hexenprozess. Magie und Kindheit in der Frühen Neuzeit, Franz Steiner Verlag 2013, ISBN 978-3-515-10312-1
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2013-12-05)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.