An den alljährlichen Ausgaben des Pirelli-Kalenders haben so namhafte Fotografen wie Richard Avedon, Peter Beard, Patrick Demarchelier, Nick Knight, Karl Lagerfeld, Inez van Lamsweerde und Vinoodh Matadin, Annie Leibovitz, Peter Lindbergh, Sarah Moon, Uwe Ommer, Terry Richardson, Herb Ritts, Mario Sorrenti, Bert Stern, Mario Testino und Bruce Weber mitgearbeitet und die Liste der abgebildeten Models kann sich wohl mindestens ebenso sehen lassen: Alessandra Ambrosio, Gisele Bündchen, Naomi Campbell, Laetitia Casta, Cindy Crawford, Penélope Cruz, Milla Jovovich, Heidi Klum, Angela Lindvall, Sophia Loren und Kate Moss. Aber der Pirelli Kalender, der seit 1964 erscheint ist mehr als nur eine Anhäufung von Celebrities und Name ping, denn mit ihm hat sich eine ganze Generation von Männern und Frauen jedes Jahr immer wieder neu erfunden. Pirelli - aus den Autowerkstätten…
Der Pirelli-Kalender avancierte auch deswegen zur Legende, weil er ursprünglich nur an VIPs und wichtige Kunden verschickt wurde. Heute ist er – zumindest in der vorliegenden Best of 50 Jahre Version – jedem zugänglich, der sich dafür interessiert und die im Verhältnis zur luxuriösen Ausstattung wenigen Euros gerne in ein Stück Kunst & Kultur investiert. Die 2015 erschienene Ausgabe des TASCHEN-Verleges bietet zudem einen Bonus, der den VIP-Beziehern des Kalenders bisher verborgen blieb, denn es werden auch seltene und nie zuvor gesehene Bilder, die während der Fotosessions entstanden, in dieser Ausgabe gezeigt. So zum Beispiel auch den unveröffentlichten Kalender von 1963 und eine Auswahl „zensierter” Bilder, die den Redakteuren von damals zu freimütig erschienen. Mit einer Einleitung von Philippe Daverio und einem Interview mit den Artdirektoren Derek Forsyth und Martyn Walsh ist die vorliegende Prachtausgabe ein einzigartiger und wohl auch schnell vergriffener Beitrag zum besseren Verständnis einer Institution: denn was einst als einfacher Pin-Up-Kalender für Autowerkstätten begann, ist heute längst zum Kultobjekt des Jetset geworden. …zur Haute-Volée
Alberto Pirelli, nach dem der Kult-Kalender benannt ist, war der erste „fliegende Italiener“ und einer seiner Söhne war während des Weltkrieges sogar ein Partisan, so Philippe Daverio in seinem Vorwort. Die erste Ausgabe des Kalenders sei sogar von dem Fotografen Robert Freeman geleitet worden, der zuvor erfolgreich das Image der Beatles verwandelt hatte. Würde man sich heute – nach 50 Jahren - den Kalender anschauen, hätte man es mit einem „erstaunlichen Dokument der Kulturanthropologie“ zu tun, Daverio verortet „ein Spiel von Ästhetiken, und Visionen, wechselnden Stimmungen und eine Entwicklung der Art und Weise, in der wir nicht nur das Motiv, sondern auch die Welt sehen, in der sich die Fotografen bewegen“. Dazu gehören nicht nur Darstellungen von Varietés oder Allegorien der Sternzeichen, sondern auch halbenackte Männer, griechische Göttinnen oder Body Painted Artists. Experimentelle Fotografien wechseln S/W Fotografien mit dem Touch der 40er ebenso ab, wie stylishe Makeup oder Strandsessions auf den Seychellen. Nicht nur Männerträume wurden hier verwirklicht, sondern auch Frauenobsessionen befriedet, denn manche lassen sich gerne betrachten, manche betrachten lieber. Im Anhang befinden sich die Übersetzungen in den oben angeführten Sprachen.
Pirelli - Der Kalender. 50 Jahre und mehr
Philippe Daverio
Taschen Verlag, Hardcover, 30 x 30 cm, 576 Seiten
ISBN 978-3-8365-5175-5
Mehrsprachige Ausgabe: Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2015-09-18)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.