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Rezensionen


 
Brandon Cronenberg - Possessor. UNCUT
Buchinformation

„Und doch sehe ich immer noch einen Gedankengang, von dem ich dachte, sie hätten ihn hinter sich gelassen. Manchmal ist das alles, was es braucht, um die Kontrolle zu verlieren, ein kleiner Gedanke, eine winzige Fraktur.“ Gabrielle Graham („Holly“) zeigt im Prolog worum es sich beim Possessor handeln wird. Sie tastet zwischen ihren Rastas auf ihrer Kopfhaut herum und führt sich ein Kabel in ihr Gehirn, sodass kurz sogar Blut austritt. Das Kabel führt zu einem Regler mit dem sie ihre Emotionen steuern kann: Regler rauf, sie lächelt, Regler runter, sie weint. Die Maschine steuert nun ihre Emotionen. Die Kalibrierung war erfolgreich.

Attentate in fremden Körpern


Possessor ist nichts für schwache Nerven. Brandon Cronenberg (*1980), Sohn von Regie-Legende David Cronenberg, ist mit seinem zweiten Spielfilm nämlich im Body-Horror-Genre zuhause, wie auch eingangs geschilderte Szene deutlich vor Augen führt. Er fügt dem Lieblingsgenre seines Vaters aber noch psychologischen Thriller und Science Fiction hinzu. Tasya Vos (Andrea Riseborough) ist die Protagonistin in „Possessor“ und hat es wahrlich nicht leicht, sich zu behaupten. Sie führt für eine Geheimorganisation, die nicht näher erklärt wird, Auftragsmorde aus. Dazu wird sie an ein Gerät angeschlossen und in den Körper der Zielpersonen eingeführt. „Holly“ war so eine Zielperson. Sie sollte das Vertrauen eines Magnaten erlangen, um ihn dann im richtig gewählten Augenblick vor der Öffentlichkeit zu ermorden. Anschließend sollte ein selbstverursachter Genickschuss sie wieder in ihren eigenen Körper zurückführen. Aber schon im Prolog wird deutlich, dass sie es nicht schafft, sich selbst eine Kugel in den Kopf zu jagen. Das könnte auf eine Interferenz mit ihrer Wirtpersönlichkeit zurückzuführen sein, oder auf eine Art Unvermögen ihrerseits.

Erinnerungen und Familie als Identitätsgaranten


Der zweite Auftragsmord wird dann ausführlicher gezeigt und Brandon Cronenberg lässt dem Zuseher Zeit, sich ganz in die Problematik zu vertiefen. In der Beziehung des Wirts Colin (Christopher Abbott) zu seiner Freundin Ava Parse wiederholen sich die Dialoge, die Tasya zuvor mit ihrem Ehemann Ira führte. Auch das ist Familie. Denn Tasya hat eine eigene Familie, die Vos, ein Mann und einen Sohn, die sie in ihrem Leben halten und das Zurückkehren erleichtern. Nach Antiviral (2012) arbeitete Cronenberg für Possessor wieder mit Kameramann Karim Hussain zusammen. Für Filmwissenschaftler Stefan Jung, der den Text des Booklets verfasst hat, ist Possessor eigentlich ein Genre-Hybrid aus (Body) Horror, Home Invasion, Paranoia-Thriller, Science Fiction und sogar Giallo, dem italienischen Krimi-Genre. In der Schreibweise des Filmtitels offenbart sich übrigens ein weiteres stilbildendes Geheimnis. Das Gleichheitszeichen in der Mitte spiegelt die jeweils andere Seite und erinnert so in seinem Konzept an die symmetrische Gestalt der Schmetterlingsflügel. Dieser (blut)rote Schmetterling ist mit einigen anderen Gegenständen Bestandteil der Nachbesprechung von Tasya mit ihrer Chefin Girder. An ihren Erinnerungen sollt ihr sie erkennen. Sie wird getestet, ob sie sich noch an ihre persönlichen Dinge erinnert und die Transformation somit ohne Folgen für ihr Privatleben blieb. Aber der rote Schmetterling drückt auch eine Kindheitserinnerung aus, die zum Schlüssel für das Verständnis des ganzen Filmes und Tasyas Handlungen wird und zudem auch den Grad der Besitzergreifung Tasyas durch Girder, ihre Auftraggeberin.


Brandon Cronenberg
Possessor
UNCUT nur auf Disc!
Mediabook (Blu-ray+DVD+68(!)-seitiges Booklet)
Sprachen: Deutsch & Englisch – Dolby Atmos, Auro 13.1 & DTS 2.0
Untertitel: Deutsch, Deutsch für Hörgeschädigte, Englisch, Englisch SDH
Bildformat: 1:1,78 (2160p24 Ultra-HD) mit HDR10 & Dolby Vision
Laufzeit: ca. 103 Minuten + Bonusmaterial
Turbine Medien GmbH

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2022-02-11)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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