Der britische Regisseur Alex Cox ("Repo Man", "Syd & Nancy") witterte in seinem Film die Möglichkeit der ehemaligen englischen Kolonie Amerika eines auszuwischen indem er deren Kolonialismus und Imperialismus ankreidete und sie in der Figur des William Walker sogar als protofaschistisches Modell darstellte. Drehbuchautor Rudy Wurlitzer und Alex Cox haben aus ihrem Film eine unverhohlene Anklage von 160 Jahren imperialistischer US-Politik in den USA gemacht und damit einen der wohl politischsten Western des Genres gedreht. Das durchaus surreale und subversive Action-Meisterwerk wurde u. a. auch im Wettbewerb der Berlinale gefeiert und begeistert auch heute noch, 30 Jahre nach Erstveröffentlichung, viele Zuseher, weswegen der Film bei Koch Media Home Entertainment sowohl als 2-DVD als auch als BluRay-Edition mit einem ausführlichen Booklet und vielen Extras erschienen ist.
“Ugly Americans“: past and present
Natürlich sind viele Passagen auch ironisch gemeint, wie man es vom Regisseur Alex Cox gewohnt ist. Sein Protagonist und Titelheld "Walker" ist ein klassischer amerikanischer Abenteurer und Pionier, der mit Hilfe und finanzieller Abdeckung eines US-amerikanischen Kapitalisten einen Coup im Nicaragua des 19. Jahrhunderts landet und sich zum Präsidenten des Landes ausrufen lässt. Die Anspielung auf Ronald Reagan’s Mittelamerikapolitik der Achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts ist offensichtlich und so will Alex Cox die „ugly Americans“ des einen Jahrhunderts mit denen des anderen Jahrhunderts gleichsetzen, um zu einer politisch motivierten Aussage gegen den US-amerikanischen Imperialismus zu gelangen. Plastikblumen, Coca Cola und das People Magazine inklusive. Die historisch verbürgte Person William Walker (* 8. Mai 1824 in Nashville, Tennessee; † 12. September 1860 in Trujillo, Honduras) arbeitete nicht in Übereinstimmung mit der US-amerikanischen Regierung, sondern auf eigene Faust. Nachdem sich Walker im Juli 1856 im Alleingang zum Präsidenten Nicaraguas erklärt hatte, suchte er Unterstützung bei den Bewohnern der US-amerikanischen Südstaaten, indem er jenen die Fortsetzung der Sklaverei versprach. Walker erklärte seine Eroberungen zum Kampf für die Ausbreitung der Sklaverei und erklärte Nicaraguas Emanzipationsedikt von 1824 für ungültig (damit war in Nicaragua die Sklaverei abgeschafft worden).
„I am the president“
Natürlich hat William Walker (Ed Harris) auch eine Angebetete, Marlee Matlin, die allerdings schon sehr früh in der Geschichte an der Cholera stirbt, was dem Protagonisten die wenige emotionale Stabilität die er hatte, endgültig nimmt. Obwohl er als Jurist, Politiker und Journalist und sogar Mediziner eine vielversprechende Karriere haben hätte können, lässt sich Walker durch Cornelius Vanderbilt in das mittelamerikanische Abenteuer hineinjagen. „As god is on our side, victory will be ours“, meint Vanderbilt. Er regierte das Land grausam zwischen 1855 to 1857 bis auch die Nicaraguaner ihn abschüttelten und sein Manifest Destiny beenden. „I hate all this talking about Manifest Destiny...it’s only a cover-up for slavery“, heißt es an einer anderen Stelle des Films und vielleicht ist dieser Satz auch die Quintessenz amerikanischer Außenpolitik der letzten 200 Jahre. Als die GIs mit Helikoptern einfliegen, um amerikanische Bürger vor der Revolution gegen Walker zu retten, wollen sie auch ihn mitnehmen, aber auf die Frage, ob er amerikanischer Staatsbürger wäre, antwortet Walker: „I am the president“ und besiegelt damit sein Schicksal, was von der historischen Figur zwar abweicht, aber dennoch einen effektvollen Schlusspunkt eines typischen Alex Cox Filmes setzt.
Alex Cox
Walker
Originaltitel: Walker
USA, Mexiko, Spanien 1987
Mit: Ed Harris, Richard Masur, Xander Berkeley, Peter Boyle, Marlee Matlin u.a
BR: ca. 96; DVD ca. 92 min
Deutsch, Englisch
Extras: Deutscher und englischer Trailer, Dokumentation über die Dreharbeiten "Dispatches from Nicaragua", Featurettes, Booklet u.v.m.
Koch Media Home Entertainment
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2017-02-08)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.