Der Autor des Kultklassikers der Neunziger, Generation X (1991), legt mit „Generation A“ einen weiteren Roman vor. Aber wer glaubt, dass er nun bald das ganze Alphabet durch hat, irrt. In seinem neuesten Werk, der in der Zukunft spielt, sind die Bienen ausgestorben. Aber dann werden 5 nicht miteinander in Verbindung stehende Menschen in verschiedenen Teilen der Welt gestochen und alsbald festgenommen, um auf einer geheimnisvollen Insel, Haida Gwaii, festgehalten zu werden.
Dystopie einer „Bestäubungskrise“
„Generation A“, kann durchaus als „Ökothriller vom Ende der Welt“(FAZ) bezeichnet werden, denn die Protagonisten sitzen den Hauptteil des Romans um ein (imaginäres) Lagerfeuer und erzählen sich Geschichten. Dieser dramaturgische Trick – bekannt geworden durch Scheherezade aus 1001 Nacht – zögert die Auflösung der Handlung einige hundert Seiten hinaus, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Generation A nicht gerade zu den Meisterwerken Couplands gehört. Die fünf Charaktere, Harj, genannt „Apu“ aus Sri Lanka, Zack aus Iowa, Samantha aus Neuseeland, Julien aus Paris und Diana aus Kanada kommen abwechselnd zu Wort und erzählen die Geschichte ihres Bienenstichs. „Wir sind die Generation, derentwegen Noah seine Arche baute.“ Ihre Sprache ist durchwegs jugendlich und vom Duktus des Digitalisierungszeitalter durchdrungen. Als einige wenige ihrer Zeit nehmen sie kein Solon, was sie zusätzlich verbindet. „Solon“ ist eine (in der Zukunft) weit verbreitete Droge, die einen in der Gegenwart leben lässt und das Leben intensiver macht. „Man ist nicht so anlehnungsbedürftig. Man zerbricht sich nicht den Kopf über irgendwas. Man nimmt andere Menschen an oder ignoriert sie. Solon verwandelt dich von einem Hund in eine Katze.“
„Gottes letzte Generation“
Die von Coupland gezeichnete Dystopie macht aus Menschen „Solisten auf Solon“, die kaum mehr das Gemeinsame sehen und für sich allein dahinleben. Eigentlich ist der Prototyp seines Romans ein pubertierender Jugendlicher, ein Pubertier: „Dein Gehirn braucht noch ein paar Jahre, und bis dahin bist du bloß eine Maschine, die vorschnelle Urteile produziert, und alles, was du fühlst und tust, ist das Ergebnis lückenhafter kortikaler Verbindungen und hormongesteuerter Macken. Also komm bloß nicht auf die Idee, dich aufzuspielen, als wärst du der Größte, denn für mich ist das, was du irrigerweise für deine Persönlichkeit hältst, bloß ein lästiges Hindernis zwischen mir und dem, was ich wissen will.“ Der Solipsismus und Jugendwahn unserer Zeit hat sich in der von Coupland gezeichneten Zukunft durchgesetzt und er hat einen Roman geschrieben, der sich an jene richtet, die er kritisiert. Die Konstruktion, die Art und Weise wie der Roman von ihm gebaut wurde, ist aber gerade für diese Generation, die Generation A, sehr gefällig und gut verdaulich: kurze Portionen an Literatur, Kurzgeschichten, Erzählungen, Essays, die für eine digitalisierte Generation, die keine Bücher mehr liest, genau richtig ist. Insofern hat Coupland also doch (wieder) einen Geniestreich gelandet. Denn er hat einen Roman geschrieben für eine Generation, die zwar keine Bücher mehr liest, sich aber immer noch gerne um ein (virtuelles) Lagerfeuer versammelt, um sich Geschichten anzuhören.
Douglas Coupland
Generation A. Roman
Übersetzer/in Clara Drechsler, Harald Hellmann
Gebunden mit ausklappbarem Vorsatz, 333 Seiten
ISBN: 978-3-351-05069-6
Blumenbar/Aufbau-Verlag
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2021-08-20)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.