Der holländische Fotograf und Regisseur Anton Corbijn arbeitet schon seit mehr als vier Dekaden an außergewöhnlichen Porträts außergewöhnlicher Menschen. Berühmt wurde er auch durch unzählige Musikvideos und Kurz- und Spielfilme. Die vorliegende Publikation des Schirmer Mosel Verlages im Jumbo-Format von 27,5 x 35cm bringt nun einige seiner besten Ikonographien in einem Band in hochwertiger Qualität gesammelt auf den Tisch und zeigt, wie einfach die einprägendsten Motive und wie komplex die ineinandergreifenden Details sein können.
“It’s about the mind“
Ein Bild des amerikanischen Hardcore-Musikers Henry Rollins in Schwarz/Weiß ist ganz von seinem Schrei dominiert, den er in den Drehpausen zu seinem Song „Liar“ von sich gegeben haben dürfte. Aber wer genauer hinsieht erkennt, dass Licht und Schatten nahe beieinander sind und in der Dunkelheit, die aus dem Munde des aufgerissenen Rockmusikers klafft, sich auch sehr viel Licht spiegelt. Seine zum Zerreißen angespannten Halsmuskeln offenbaren die Anstrengung die mit einem solchen emotionalen Ausdruck verbunden sind, machen aber auch deutlich, dass erst das Zusammenspiel vieler einzelner Teil die Gesamtheit zum Klingen bringt. Und das Ganze ist bei Anton Corbijn sicherlich mehr als nur die Summe seiner Teile. „It’s about the mind, not the skill“, sagt Anton Corbijn selbst über sein Werk, denn viele seiner preisgekrönten Fotos seien technisch nicht unbedingt auf dem höchsten Standard und würden dennoch große Publizität genießen. Es kommt eben doch auf den Mann an, der die Maschine auslöst und wie gut sie dann funktioniert ist dann auch ein gutes Stück Zufall.
“It’s about the mind“
„They all benefited from Corbijn’s grainy black and white pictures, images that did not show the musicians as heroes, but placed them in an atmospheric setting that seemed to reinforce the power of their music“, meint Benno Tempel, Direktor des Den Haager Gemeindemuseums im Nachwort über die Musiker und Künstler die Corbijn im Laufe seiner Karriere porträtiert hat. Der Pastorensohn habe mit seiner Kamera ikonographische Bilder geschaffen, die ihre popkulturelle Dekade insofern überdauern werden, als sie geradezu archetypisch für diese stehen und sie so bis in alle Ewigkeit zu repräsentieren vermögen. Die Reihe der porträtierten und auch in vorliegendem Fotoband vertretenen Künstler reicht von Nick Cave über U2, Miles Davis und David Bowie Propaganda und David Sylvian, später für Depeche Mode, Johnny Cash, Nirvana, Kate Moss, Clint Eastwood, Robert DeNiro, William Burroughs, Naomi Campbell oder Fotos von seinen eigenen und anderen Filmprojekten wie Control, The American mit George Clooney oder A Most Wanted Man mit dem kürzlich verstorbenen Philip Seymour Hoffmann.
Anton Corbijn
Hollands Deep
Mit Texten von Franz Kaiser,
Seán O’Hagan und Benno Tempel
240 Seiten, 241 Abbildungen in Farbe und Duotone
ISBN 978-3-8296-0683-7
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2015-04-22)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.